Ab nach Australien

Irgendwann ist dann auch das Tauchen etwas langweilig zumal die Bezahlung als Tauchguide von ca 20 € am Tag nicht gerade üppig ist, und es zieht mich wieder auf das Bike. Klar, der Abschied von Tom und unseren beiden Hauskatzen fällt nach so langer Männer WG Zeit schwer, aber der Zigeuner in mir gewinnt die Oberhand. Auf zu neuen Abenteuern!
Auf der Strecke zum Fährhafen gewohnt viel Verkehr. Da kommt nicht wirklich viel Freude auf und im Hinterkopf entstehen schon Traumvorstellungen von einsamen Strassen im Outback  Australiens. Aber bis dahin soll es noch dauern.
Die Fährüberfahrt ist in der Regel nicht der Rede wert. Von Lebuhanlombok bis Poto Tano auf Sumbawa sind es gerade mal 3 Stunden. Und dann passiert das, was ich eigentlich nie erleben wollte. Unser Schiff fängt an zu brennen. Gott sei Dank sind wir nur einige hundert Meter von der Pier entfernt und der Kapitän dreht kurzer Hand um. Trotzdem ist die Atmosphäre beängstigend. Inmitten dichter Rauchschwaden aus dem Maschinenraum geraten die Menschen in Panik. Vor allem die Truckfahrer haben Angst um ihre Existenz und rammen sich gegenseitig, um schnellst möglich das verdammte Schiff zu verlassen. Eine weitere Stunde müssen wir auf eine andere Fähre warten und irgendwie bin ich auf einmal nicht mehr so entspannt wie sonst. Nach Ankunft in Sumbawa nutze ich den Rest des Tages, noch bis zur Hauptstadt , Sumbawa Besar, zu fahren. Es ist unglaublich, wieweit sich die Inseln hier unterscheiden.
Während der Fahrt auf der wundervollen, kurvigen Küstenstrasse habe ich fast den Eindruck, ich würde die mexikanische Pazifikküste entlang fahren.  Kakteen säumen den Weg und pittoreske Fischerorte liegen in kleinen Buchten mit türkisfarbenem Wasser. Irgendwie bekomme ich hier Durst auf Tequila.. Hmmm, bedenklich…
Ich finde ein sehr schönes Hotel, muss aber feststellen, dass am nächsten Tag Indonesien seinen 69zigsten Unabhängigkeitstag feiert und eine paramilitärische Jugendgruppe in meinem Hotel Unterkunft gefunden hat. So steht dann genau vor meiner Terrasse Fähnlein Wieselschweif mit seiner stramm stehenden Gruppe und schwört sie mit irgendwelchen Zickezacke Parolen auf den kommenden Tag ein. Irgendwann reicht es mir und ich mach auch mal kurz Zickezacke und die Truppe verkrümelt sich kleinlaut in ihre Zimmer. Meine holländischen Nachbarn bedanken sich bei mir mit einem Bier.
Die Strasse von hier nach Bima ist zwar nur 270km lang, aber trotzdem brauche ich ewig lang. Entweder mache ich Fotos von der wunderbaren Küste, oder geniesse in einer kleinen Strandhütte einen erst vor kurzem gefangenen Fisch vom Grill, oder den einen oder anderen Tee am Strassenrand.
Ich beschließe in Bima zu übernachten, anstatt die letzten 50km bis zum Fährhafen Sape zu fahren. Hier gibt es zumindest eine Anzahl an Übernachtungsmöglichkeiten und der Ort macht einen recht netten Eindruck. Allerdings scheitere ich bei dem Versuch, herauszufinden, wenn dann nun die Fähre nach Flores ablegt. Das ist so eine Sache. Denn die Fährlinien sind in privater Hand und die müssen profitabel arbeiten. Sind also nicht genug Trucks da und das Boot ist nicht komplett überladen, startet die Fähre nicht. Ich versuche mein Glück und sitze am nächsten Morgen um 5 auf Rosie und taste mich die letzten kurvenreichen Kilometer durch die Dunkelheit.
Die Menschenmassen am Hafen sind ein gutes Zeichen. Der Seelenverkäufer soll in 2 Stunden auslaufen. Also schnell noch ein Ticket kaufen.
So freundlich die Indonesier auch sind, diszipliniert Schlange stehen ist nicht ihr Ding. Hier herrscht wahre Anarchie. Ich muss erkennen, dass mir der Ausländerbonus hier nicht weiterhilft , setzte meinen Motorradhelm auf und stürze mich in die Schlacht.Fast wie damals am ersten Mai. Eine gute Körperlänge hat hier seine Vorteile und nach nur wenigen Minuten habe ich mein Ticket für die 8 stündige Fährfahrt in der Hand und ich suche mir ein Plätzchen auf dem Oberdeck, nicht ohne mir vorher die Rettungsoptionen genauer anzuschauen.
Die Überfahrt gestaltet sich aber sehr ruhig, bei tollem Wetter und grandiosen Ausblicken auf Komodo und die unzähligen anderen Inseln.
Ich finde eine günstige Kakerlaken Absteige und mache mich auf in den Ortskern von Labuan Bajo.
Mir gibt es hier zu viele Touristen, die von hier aus die Komodo Warane besuchen wollen.
Nicht mein Ding und ich beschliesse, am nächsten Tag ein Häuschen weiter zu fahren.
Ich bin gerade in der Ortsausfahrt, da kommen mir 2 Reisemotorräder entgegen. Angie und Paul, ein englisches Paar auf 2 XTs 660 auf dem Weg zurück. Wir beschliessen erst einmal ein Bier zu trinken und nach nochmals 3 weiteren, dort im Hotel zu bleiben. Und ich höre das erste mal die Horrorstory über die Verschiffung der Bikes zwischen Australien und East Timor.
Flores ist für mich die wohl schönste Insel des indonesischen Archipels, die ich bis dahin kennenlernen durfte. Zwar ist die Strecke nach Aimere eine grosse Baustelle, aber die führt durch eine sagenhaft schöne und grüne Bergwelt.
Von Aimere aus sollen angeblich Fähren einmal die Woche nach Timor ablegen. Als ich am Fährhafen ankomme, ist dieser bis auf 3 Einheimische verweist und das Empfangskomitee  versteht kein Wort von dem was ich frage. Egal, fahre ich halt wieder in die kühleren Berge nach Bajawa.
Alle Unterkünfte belegt. Nach 2 Stunden habe ich immer noch kein Bett für die Nacht. Dann finde ich doch noch ein kleines einfaches Truckergasthaus und das ist für mich ein Glücksfall. Denn die wissen bestens Bescheid über die Fährverbindung, warten sie doch selbst. Und sie lassen mich wissen, dass ich in 2 Tagen am frühen Morgen in Aimere erscheinen soll. Wenn das Wetter nicht schlechter wird, würde wohl ein Boot auslaufen.
Ich nutze die Zeit und besuche die Ngada Dörfen rund um Bena mit ihren Steinschreinen. Obwohl die Dorfbewohner Katholiken sind, praktizieren sie noch diesen alten animistischen Glauben: Geisterbeschwörung, Seelenverehrung und Totenkult. Und das in einer einzigartigen Landschaft am Hang des grössten Vulkans der Gegend, dem Inerie. Wie ich die steinzeitlichen Häuser bestaune, bestaunen sie Rosie und wollen alle mal mit ihr fotografiert werden.
Ich bin wohl spät dran, muss ich feststellen, als ich zur Fährstation komme. Alle sind schon mit dem Beladen beschäftigt. Nach dem erneuten Kampf um mein Ticket muss ich ganz bis zum Schluss warten, bis ich Rosie auf den letzten freien Platz auf dem Fahrzeugdeck fahren darf. Alles ist schon komplett zugepflastert mit Fahrzeugen jeder Grösse und Säcken mit allen erdenklichen Waren. Da ich so ziemlich der letzte bin, der sich einen Platz auf dem Personendeck sucht, habe ich schlechte Karten und finde nur noch einen Quadratmeter auf dem Oberdeck ohne Schatten. 12 Stunden in der Hitze werden hart…. Auf dem Flachbildschirm neben mir an der Wand wird der Film Titanic gespielt. Irgendwie ein schlechtes Omen, find ich . Und es ist so. Erst werde ich von der Sonne gebacken und dann, als endlich die Sonne untergeht und ich mich auf ein bisschen Schlaf freue, wird die See auf einmal unruhig. Und dann kommt Sturm auf. Der Kahn schaukelt bedenklich, die Wellen schlagen bis hoch zum Oberdeck und ich werde nass bis auf die Unterhose. Kein Schlaf, dafür panische, kotzende Indonesier. Auch die Crew wird immer hektischer und versucht krampfhaft, die Ladung zu sichern. Ich ziehe mir meine Regenjacke über den Kopf und denke mir: inshallah. Der Kapitän ist schlau und beruhigt die Gemüter, vor allem die männlichen, in dem er Frauenwrestling aus den USA zeigt. Anstatt zu kotzen, wird jetzt gesabbert. Auch nicht netter anzuschauen.
Nach 20 Stunden anstatt 12 erreichen wir in am frühen Morgen den sicheren Hafen von Kupang. Ich mache einen auf polnische Fluggans Papst Johannes Paul und küsse erst einmal den festen Boden.Das war Gott sei Dank die letzte Fähre für die nächste Zeit, zumindest für mich.
Ich steuere noch etwas schunkelnd als erstes die `la Hasienda´an. Michael, ein Deutscher, der viel um die Welt gekommen ist, hat sich hier seinen Traum verwirklicht. Und es ist auch ein Traum für jeden Reisenden, der hier einkehrt.
Ein tolles Hotel in mexikanischem Stil mit hervorragendem Restaurant und vor allem Michaels Fürsorge.
Hier will man bleiben, braucht es doch erst einmal mindestens 3 Tage, um all meine in der Vergangenheit aufgebauten Essgelüste auszuleben. Es gibt Bratwurst, Sauerbraten und so einige andere deutsche Leckereien, von denen ich in den letzten Wochen nur träumen durfte. Und natürlich kaltes Bier zum runterspülen und nette Anekdoten von Michael. Schwuppdiwupp sind 7 Tage vorbei. Nebenbei ist das Visum für Timor Leste organisiert und ich mache mich letztendlich doch auf in das noch vor kurzem von Krieg gebeutelten Land. Ich fahre recht langsam und geniesse die ländliche Idylle und die vorsintflutlich anmutenden Dörfer und komme so nur bis Kefa. Zwischendurch versagt auch Rosie noch ihren Dienst. Umringt von wild vor sich hinblubbernden Dorfbewohnern ist der Schaden, ein abgerissenes Kabel, aber schnell lokalisiert und nach ein paar gemeinsamen Fotos geht es weiter. Ich finde ein richtiggehend luxuriöses Hotel für kleines Geld. Alles super, wäre da nicht die penetrante chinesische Wirtin, die mir ihre unglaublich hässliche Tochter schmackhaft machen will. Selbst die Flucht in mein Zimmer hilft nicht wirklich. Immer wieder klopft die heiratswillige an meine Tür, angeblich um mein Wohlergehen besorgt, wobei sie jedes mal weniger Kleidung trägt, was sie definitiv nicht attraktiver macht. Nee, noch nicht mal fürs Vaterland….
Die Indonesier lassen mich in nur 5 Minuten aus ihrem Land und nach weiteren 15 bin ich offiziell in Timor Leste. Die Zöllner warnen mich noch vor dem schlechten Zustand der Strassen und sollen recht behalten. Zwar ist der Ausblick von der überwiegend an der Küste langführenden Strasse wunderschön, aber dafür kann man den Blick nicht lange schweifen lassen, sondern muss ihn auf die Strasse richten. Ein Schlagloch reiht sich ans andere und dort, wo keine sind, wird diese gerade erneuert. Hier wird richtig Geld investiert und viele Schilder zeugen davon, dass hier in Zukunft riesige Touristen Resorts aufmachen werden. Schade eigentlich, jetzt gefällt es mir besser.
In Dili gibt es keine Alternative zum hiesigen Backpacker. Für 20$ bekomme ich ein Einzelzimmer, natürlich nicht en suite. In jeden anderen Hotel wäre das mindestens das doppelte.
Und ich treffe Jonas, einen jungen deutschen Steinmetzmeister, der 2 Jahre in Australien war und nun auf sein Bike wartet. Er schaut mitleidig auf Rosie und sagt:`So kommst du definitiv nicht durch die Quarantäne in Australien`. Er erzählt mir von der Horror Untersuchung der mit weissen Handschuhen ausgestatteten Inspektoren in Darwin auf der Suche nach asiatischer Kontaminierung. Da mein Bike in 2 Tagen in den Container soll, wird es Zeit und wir machen uns gemeinsam an die Reinigung der `verseuchte´ Rosie. Dafür sorge ich für genügend innere Reinigungsflüssigkeit für uns, in Form von Bintang Bier. Nach nur einem Tag sieht sie fast wie neu aus. Und dann schlagen Kirsten und Kevin mit ihrem BMW Gespann auf. Eigentlich wollten wir uns gerade freuen, die undankbare Arbeit hinter uns zu haben. Aber die beiden wollen in meinen Container und ihre Liza strotzt nur so vor Dreck. Also alles  nochmal von vorne…das kostet Bintang!
Die Verschiffung von Dili erweist sich als ein wahrer Alptraum. Die Reederei hat zum dritten mal den Besitzer gewechselt und die übernommenen Angestellten, die eh schon vorher planlos waren, sind jetzt komplett konfus. Zusätzlich bekommen wir die Hiobsbotschaft, dass der Container von hier erst einmal nach Singapore geht, bevor er die Reise nach Darwin antritt. Und wie lange das dauert, kann man nur schätzen. Aber wir haben keine Wahl, begiessen den Abschied von unseren Bikes mit ein paar Bier an einem kleinen Dorfkiosk und machen Pläne für das hoffentliche australische Zusammenkommen.
Schon am nächsten Tag sitze ich im Flieger nach Darwin und damit endet eine wundervolle knapp 2 jährige Zeit in Asien. Und der Alptraum nimmt seinen Lauf…….