May 2013

Von Moloch in die Wüste

Eigentlich hatte ich mir das schlimmer vorgestellt. In der Innenstadt von Tehran komme ich relativ zügig voran, kein Vergleich zu Städten wie Kairo. Mit Hilfe meines GPS stehe ich dann auch bald vor dem Hotel meiner Wahl, dem Khayyam im ältesten Teil der Stadt. Bett, Internet und einen sicheren Abstellplatz für Rosie, mehr brauche ich nicht. Dazu sind das Personal und der Besitzer noch ausserordentlich freundlich und hilfsbereit.
Das mit dem Internet ist aber so eine Sache im Iran. Die meisten ausländischen Nachrichten- und Blogseiten sind gesperrt. So auch meine. Wundert mich schon, habe ich bislang doch nur positives zu berichten…
Da hilft nur das herunterladen einer speziellen Software und schon klappts auch mit den Seiten der Staatsfeinde.
Ich bestelle mir für den nächsten Morgen ein Taxi, um meinen Pass vom DHL Office abzuholen. Es ist im Iran schwer zu sagen, was ein Taxi ist und was nicht. Zwar gibt es auch gekennzeichnete gelbe Fahrzeuge, aber viele Autobesitzer besuchen ihr spärliches Einkommen mit dieser Dienstleistung etwas aufzubessern.
So auch der mindestens 80jährige Opi, der sich als mein morgendlicher Fahrer vorstellt. Schon bald bereue ich es, nicht Rosie angeschmissen zu haben. Opi hat nicht nur schon einen Grossteil seines Gehörs eingebüßt, sondern auch die Sicht durch seine Glassbausteine reicht scheinbar nicht mehr so ganz für die Anforderungen des hiesigen Strassenverkehrs. Nachdem wir fast 5 Passanten überfahren und einige Umwege gefahren haben, weil er meine geschrieenen Anweisungen nicht verstand, klettere ich dann doch irgendwann zitternd aus dieser Blechdose und stehe vor dem Wahrzeichen deutscher Tugenden: deutsche Post, ok, DHL. Und wirklich, mein Pass ist da. Es kann also Richtung Pakistan gehen. Danke Sebastian!!
Ich beschliesse, zu Fuss zurück zu gehen, aber nicht ohne vorher einen Abstecher zum Iranian Photography Center zu machen. Hier werden angehende Fotografen ausgebildet und bekommen eine Möglichkeit, ihre Werke zu präsentieren.
Gerade bereiten 5 junge Iranerinnen ihre kommende Ausstellung vor. Es ist schon etwas gewöhnungsbedürftig komplett verschleierte Frauen dabei zu beobachten, wie sie ihre sehr sozialkritischen Bilder drapieren. Wir fachsimpeln noch etwas, ich schiesse noch ein Gruppenbild mit Damen und mache mich auf den Weg.
Kurz vorm Hotel quatscht mich ein adrett gekleideter Iraner an und lädt mich zu einem Tee in sein nahes Appartement ein.
Reza ist im Papierbusiness, sehr gebildet und nach langen Gesprächen muss ich ihm versprechen, mich am kommenden Tag zu melden, damit er mir das alte Tehran zeigen kann. Damit kann ich leben.
Am nächsten Morgen wieder ein Taxi. Dieses Mal nehme ich mir einen Fahrer unterhalb des Rentenalters und komme somit weitaus entspannter zur Indischen Botschaft. Aber ich soll noch zu meinen Herzrythmusstörungen kommen.
Der Raum für die Visavergabe ist gerammelt voll und alle spielen verrückt. Erst als ich mich dem allgemeinen Wahnsinn anschliesse und eine Botschaftsangestellte zwecks Auskunft mit Gewalt in eine ruhigere Ecke zerre, verstehe ich den Grund des Aufruhrs. Man hat seit einer Woche schon keine Verbindung zu Delhi und kann deshalb keine Visa ausstellen.
Alle sind schwer genervt. Ich auch, randaliere noch ein bisschen mit und beschliesse diesem Ort des Unvermögens den Rücken zu kehren und mein Glück in Islamabad zu versuchen.
Im Hotel überlege ich, einige Klamotten für die vergangenen kalten Tage nach Deutschland zu schicken. Werde ich erstmal wohl nicht mehr brauchen und sind sperrig.
Also ab zum Hauptpostamt. Soll ja bis 7 Uhr auf haben und es ist ja erst kurz nach 4. Ich betrete die riesige Schalterhalle und stelle fest, dass bis auf den Pförtner nur noch eine Burka kräftig auf einer alte Schreibmaschine rumhackt.
So werde ich aufgeklärt, dass man zwar bis 7 Uhr auf habe, aber keiner sooo lange arbeiten wolle. Tolle Nummer, ziehe ich halt mit meiner Alditüte wieder ab.
Dafür besänftigt mich Reza mit einer tollen Sightseeing Tour durch das unbekannte abendliche Tehran.
Ich schaffe es dann doch noch mein Paket abzuschicken und starte Richtung Esfahan.
LangweiligeAutobahnfahrt bis Qom, dem Ort wo Khomeini bis zu seinem Exil gelebt hat. Hier ist auf einmal Ende mit Autobahn und ich verfahre mich gnadenlos, bis ich die Nebenstrasse nach Esfahan finde.
Zeitgleich kommt ein Sandsturm auf und ich habe Probleme Rosie auf der Strasse zu halten. Im 45 Grad Winkel neige ich mich gegen den Wind und werde dabei noch gesandstrahlt. Haarig wird es, wenn man in und aus dem Windschatten der grossen LKWs fährt. Gott sei Dank ist Rosie ein schweres Mädchen und lässt sich so schnell von nichts umhauen.
Esfahan ist ein Traum. Wird hier irgendwann mal Bier erlaubt, mache ich hier eine Kneipe auf. Denn das ist das einzige, was fehlt. Nicht das Bier,das auch, aber allgemein die Möglichkeit im ganzen Iran, sich mal in ein Strassencafe zu setzen.
Man will keine Zusammenrottung von Menschen. Könnten ja auf komische Gedanken kommen.
Aber es gibt schon kuschelige Cafes und Restaurants hinter verschlossenen Türen und ich finde sogar ein verstecktes Open Air Hinterhofcafe, Treffpunkt vieler anders Denkender.
Hier treffe ich Fathima, Studentin, Englischlehrerin und Tour Guide in Personalunion, die sich meiner annimmt und mir die Stadt zeigt.
Das Esfahan eine Unmenge an sagenhaften Baudenkmälern zu bieten hat, ist hinlänglich bekannt. Aber was mich am meisten fasziniert ist die Tatsache, wie grün es hier ist. Umgeben von karger Landschaft wandelt man hier eigentlich immer unter einem Blätterdach. Es gibt unzählige Parks und Grünflächen in denen ausgiebig dem Iranischen Hobby gefrönt wird, dem Picknick und man der Hektik des Alltags entfliehen kann. Das wirkt sich auch auf die Mentalität der Bewohner aus. Alles ist sehr relaxt. Bis auf meine Wenigkeit. Ich werde schon wieder auf zu viele Tees eingeladen und mein Coffeinpegel ist permanent im roten Bereich.
Irgendwann frage ich Fathima, warum so viele Frauen mit verbundenen Nasen durch die Gegend rennen. Ich bereue meine Frage sofort, denke an häusliche Gewalt, die bekommen halt zu Hause gut auf die Zwölf. Aber sie macht mich auf andere Frauen aufmerksam und prustet ein bisschen in sich hinein. Und wirklich haben viele Ähnlichkeit mit Michael Jackson. Nasen OPs sind des Rätsels Lösung. Neuer Trend, sagt sie. Natürlich ist schöner, denke ich mir im Stillen, und bin froh, dass zumindest Brustvergrösserungen bei den Klamotten keinen Sinn machen.
Ich will auf dem Weg nach Shiraz durch die Zagros Berge . Und natürlich habe ich wieder einen kleinen Sandsturm. Die Sicht könnte daher besser sein, aber trotz allem ist die Strecke grandios. Fruchtbare grüneFlusstäler umgeben von kargen orange leuchtenden Bergen ziehen an mir vorbei. Im Hintergrund liegt noch Schnee auf dem ganz hohen Bergmassiv. Dazu noch tolle kurvenreiche Strasse. Erst kurz vor Shiraz holt mich die Realität in Form von Verkehrschaos wieder ein und ich erwache aus diesem schönen Traum.
Ich finde die Hauptstrasse, den Zand, nicht und bleibe entnervt an einem Kreisverkehr stehen. Und dann treffe ich die iranische Version von Don Quichote und Sancho Panza, die aus einem Auto aussteigen und mir ihre Hilfe anbieten. Nasir ist 1.90cm gross, hager und kämpft ohne Erfolg gegen alles, was mit der jetzigen Politik zu tun hat und Riar sein untersetzter, kleiner Freund und Taxifahrer. Die beiden adoptieren mich und ich werde sie die nächsten zwei Tage nicht mehr los. Nasir ist Fremdenführer, der sich permanent verläuft und mit seiner zerstreuten Art alles etwas ins Chaos stürzt. Aber auf eine liebenswerte Art, die man sofort ins Herz schliesst.
So bekomme ich auch hier alle Sehenswürdigkeiten auf dem Tablett serviert , muss Nasir immer wieder zurückhalten jeden nicht sofort reagierenden Iraner als „son of a bitch“, seinem englischen Lieblingswort, zu titulieren und habe eine lustige Zeit mit diesen beiden Faktoten. Am Ende wollen sie mich auch nach Persepolis, DER historischen Stätte Irans, begleiten.
Es sind nur 40km bis dorthin, aber wieder schaffen es die beiden, sich zu verfahren. Ich setze mich vor das Taxi und geleite uns sicher zur World Heritage Site.
Ich bleibe einen Tag länger als geplant. Erstens ist Persepolis wirklich beeindruckend und zweitens liegt meine Hütte in einem kleinen parkähnlichen Wäldchen und ist ideal zum Ausspannen nach all der Hektik der Städte.
Auf der Fahrt nach Yazd, einer berühmten Wüstenstadt auf dem Weg an die Pakistanische Grenze, besuche ich noch die Gräber so namhafter Persönlichkeiten wie Xerxes, Darius und Cyrus des Grossen um mich dann wieder in den Bann der Zagros Berge ziehen zu lassen. Die sich die Berge hochschleppenden LKWs mit ihren extremen Ausstoss von verbranntem Öl trüben den Genuss nur gering.
In der Hoffnung, in Yazd noch einen Mitfahrer für Pakistan zu finden, steuere ich die Traveller Unterbringung, das Silk Road Hotel, an.
Und wirklich, es steht eine GS 1200 vor der Tür. Aber es soll über die Nordroute gehen. Wieder kein Glück. Dafür treffe ich Franziska und Henning, die 2 Jahre in Delhi gearbeitet haben und mit ihrem Landy auf der Rückreise nach Deutschland sind. Sie geben mir viele Tips für Pakistan und lassen mich schon etwas beruhigter an die kommenden Wochen denken.
Yazd ist ein guter Ort um die Seele baumeln zu lassen. Man schlendert durch die engen Gassen der Altstadt, die überwiegend aus Lehm erbaut ist, setzt sich in die Innenhöfe der Cafes und trinkt ein islamisches Bier( alkfrei), oder klettert auf eines der Flachdächer und überblickt die von Windtürmen, so genannten Badgirs, übersäte Skyline. Und wie sollte es anders sein, es gibt wieder unzählige historische Bauten zu erkunden.
Aber morgen kommt der Abschied und es steht nur noch Bam, die durch ein Erdbeben zerstörte Stadt, als Station auf dem Weg nach Baluchestan an.

Durch das wilde Kurdistan nach Tehran

Die Ereignisse überschlagen sich. Ich bekomme den reference code aus Tehran zugemailt und begebe mich sofort zur Botschaft. Eigentlich nur gedacht für ein 2 wöchiges Transitvisum, fragt mich die nette Frau doch, wie lange ich denn gedenke, im Iran bleiben zu wollen. Solange es geht, ist meine schnelle Antwort und prompt gibt sie mir doch wirklich 30 Tage.
Und dann gewinnt der BvB auch noch haushoch gegen Real. An diesem Abend gehen so einige Efes über den Tresen.
Leicht verkatert mache ich mich auf den Weg nach Erzerum, denn ich möchte vor der Einreise in den Iran noch etwas vom Kurdengebiet und vor allem den Van See mit seinem türkisfarbenen Wasser sehen.
Der Weg nach Erzerum ist gepflastert mit langen Baustellen, die auf grausamen Nebenstrecken umfahren werden wollen. Ausserdem muss ich über einige Höhenstrassen, die mir irgendwie zeigen, dass meine Afrika Ausstattung nicht für dieses Klima geeignet ist. Ich hab schon alles übereinander gezogen was ich habe, sehe aus wie das Michelin Männchen, friere aber trotzdem wie ein Schneider. Das das hier eines der besten Skigebiete der Türkei ist, wird mir dann auch schnell klar.
Ich finde ein nettes Hotel mit sicherer Parkmöglichkeit für Rosie, schliesse noch eben Freundschaft mit einem deutsch sprechenden kurdischen Arzt, der auch hier wohnt und begebe mich auf Erkundungstour in den Ort. Nach dem ich festgestellt habe, dass es definitiv nichts zu erkunden gibt, kommt mir der grandiose Einfall, noch etwas Geld aus dem ATM zu holen. Und dann nimmt das Unheil seinen Lauf. Es gibt tausende von Geldautomaten in diesem Kaff, und ich suche mir ausgerechnet den aus, der meine Karte frisst und mich blöde guckend mit einer Servicenummer stehen lässt.
Also zurück und meinen neuen Freund holen. Meine rudimentären Türkisch Kenntnisse reichen nicht aus, um das andere Ende der Serviceleitung mit Schimpfworten zu überhäufen. Mein neuer Kumpel macht das schon sehr gut, hat aber leider wenig Erfolg. Mit rotem Kopf macht er mir klar, es sei Freitag Abend und bis Montag könne mir leider niemand helfen. Jetzt sitze ich hier 2 Tage fest in diesem gottverlassenen Nest..
Montag stehe ich pünktlich zur Bankenöffnung in Motorradkluft im Schalterraum und verlange fluchend die Rückgabe meiner Kreditkarte, sodass die Sicherheitsleute schon ihre Hand am Revolver haben. Aber es wirkt. Nach nur 5 Minuten sitze ich wieder auf Rosie und ziehe nur noch einen Kondensstreifen hinter mir her.
Wieder wird es schattig aber immerhin scheint die Sonne und die Strecke ist alles andere als langweilig. Umgeben von schroffer Felsenlandschaft und grünen Hochweiden mit majestätischen Bergen im Hintergrund schlängelt sich die Strasse Richtung See. Und dann liegt er vor mir, der Van See. Die Bilder lügen nicht. Ganz im Gegenteil. Der Kontrast des blauen Himmels, der weissen Bergkuppen und des türkisen Wassers ist atemberaubend.
Van selbst gilt als die Drogenhochburg der Türkei und hat, bis auf eine schöne Burg, nicht viel zu bieten.
Beim Anschauen des BvB Rückspiels gegen Real sterbe ich noch kurz an Herzversagen und mache mich dann auf zum Grenzort Dogubeyazit.
Kurz nach Erklimmen einer erneuten Passhöhe ist er plötzlich vor mir: der Ararat. Mann, endlich sehe ich mal einen von diesen Berggiganten auf meiner Reise. Wo ich den Kilimandscharo und Mount Kenia nur im Nebel erahnen konnte, erstrahlt der Ararat bei bester Sicht nun förmlich vor mir. Und von meinem Fenster aus darf ich sogar noch bis zum Sonnenuntergang diesen gigantischen Anblick weiter geniessen. Das nenne ich doch mal Zimmer mit Aussicht. Daran sollen sich so einige Reisekatalog Anbieter mal ein Beispiel nehmen.
Der nächste Tag beginnt mit erhöhtem Blutdruck. Lassen die Iraner mich rein? Immerhin habe ich verschwiegen, dass ich mit dem Motorrad komme, und nicht im Reisebus. Noch 30 km zittern und dann werd ich es wissen.
Tja, und was ich dann zu wissen bekomme ist: die Türken lassen mich nicht so einfach raus!!
Ich darf nur innerhalb von 180 Tagen 90 Tage in der Türkei sein. Ich bin aber schon kurz nach meiner Knie OP wieder eingereist und bin damit seit einem Monat illegal im Land. Uups.
Die Polizisten sind aber äusserst nett, erklären mir, ich müsse eine Strafe von 250€ bezahlen, machen aus den 30 Tagen nur 14 Tage, sodass ich beim nächsten Mal ohne Visum einreisen darf. Die Strafe kann ich auch dann zahlen. Ansonsten hätte ich eine Türkeisperre von 5 Jahren. Ich entschliesse mich für eine Zahlung beim nächsten Besuch, feixe noch ein bisschen mit den Uniformierten über das Borussenspiel ( jeder kennt den BvB) und begebe mich mit dem Ausreisestempel zum Zoll.
Dort der nächste Donnerschlag. Laut Gesetz darf ich mein Fahrzeug maximal ein halbes Jahr im Land lassen, ohne es verzollen zu müssen. Das hat sich bis hierher aber wohl noch nicht rumgesprochen. Man beharrt auf 3 Monaten und will Zoll. Ich will nicht . Nur ein freundlicher Beamter kennt das Gesetz, ist auf meiner Seite und versucht, mein Recht einzufordern. Leider trifft er bei seinen ignoranten Vorgesetzten auf Granit. Nach 5 Stunden des Besuches von mindestens 20 Büros und des endlosen Wartens zahle ich entnervt 50€ und kann die Grenze des Horrors endlich verlassen.
Wenn das auf der Seite der Iraner so weiter geht, Prost Mahlzeit.
Aber weit gefehlt. Ein freundlicher Zöllner begrüsst mich, lässt mich an seinem Schreibtisch Platz nehmen und fordert die notwendigen Papiere, also Pass, Fahrzeugschein und Carnet. Er delegiert seine Leute, wir halten derweil einen netten Plausch und in nur 20 Minuten ist alles erledigt. Man schaut noch nicht einmal in mein Gepäck. Welcome in Iran!
Draussen treffe ich Gaby und Eric aus der Schweiz auf ihrer GS 1200. Auch sie sind verblüfft, aber glücklich über das schnelle Prozedere. Noch schnell Geld getauscht( 1€ = 45.000Rial) und ab geht es in den nächsten Ort um erstmal einen Willkommenstee zu trinken. Ich könnte nach der Grenzerfahrung eher einen Schnaps gebrauchen…..
Wir entschliessen uns, noch eine Motorradversicherung abzuschliessen. Man wird zwar nie danach gefragt, aber passiert irgendwas, hat man die Ars…..karte. Und innerhalb des Landes bekommt man nur schwer eine für nur einen Monat.
Dann nach Maku. Bei Ankunft weisen uns schon freundliche Autofahrer den Weg zum Hotel, das für 11 € schon aussergewöhnlich luxuriös ist. In Zukunft heisst es wohl, auf mein Ankunftsbier verzichten zu müssen. Ich schütte mir also eine Kanne Tee rein und werde dabei sogar von einer netten, jungen Iranerin mit Kopftuch unterhalten. Geht doch…
Nun habe ich ja eigentlich genug Zeit, mir das Land etwas genauer anzuschauen. So entschliesse ich mich, in das Aras Valley an der Grenze zu Azerbaijan zu fahren, angeblich eines der Highlights im Nordwesten des Landes. Bis Jolfa eher langweilig kommt irgendwann der Grenzfluss in Sicht und ab hier wird es für Motorradfahrer traumhaft schön. Ich treffe die Schweizer wieder, die mich zu einem Picknick mit Vollkornbrot und Raclette Käse einladen. Nach diesem unerwarteten kulinarischen Genuss cruisen wir gemeinsam die Serpentinen am Fluss entlang.
Die Dämmerung rückt näher und ich entdecke eine am Hang gelegene Baustelle einer entstehenden Ferienanlage.
Nach einem kurzen Gespräch mit Händen und Füssen erhalten wir die Erlaubnis, hier unsere Zelte für die Nacht aufzuschlagen.
Bei einem Dinner mit erneutem Käse und Graubrot und Thymiantee unseres Gastgebers fallen mir vor einem schon fast kitschigen Sonnenuntergang langsam die Augen zu. Was ein Klischee.
Nach kurzer Verabschiedung mach ich mich auf nach Tabriz. Der Verkehr nimmt immer weiter zu und wird in der Millionenstadt zum Chaos. Jeder fährt, wie er will. Fahrspuren und Verkehrsschilder werden ignoriert. Es gibt zwar vereinzelt Richtungsschilder auf Englisch, das nächste ist dann aber wieder auf Farsie und ich stehe wieder ahnungslos da. So geht das eine ganze Weile, bis ich einen coolen, mit schwarzer Lederjacke bekleideten und Ray Ban bebrillten
Motorradcop auf einer komplett abgehalfterten alten Honda 750 treffe. Ich frage nach dem Weg und er sagt kurzerhand, ich solle ihm folgen. Mit zeitweiligem Einsatz seines Blaulichts bahnt er uns den Weg zu meinem Hotel und verabschiedet sich mit einem kurzen Kopfnicken. Rosie wird mal eben in der Empfangshalle geparkt und alles ist geritzt.
Ich will mir in Tabriz eigentlich nur den grossen überdachten Basar anschauen, der von der Unesco als Weltkulturerbe ausgezeichnet ist, und mache mich auf den Weg.
Schon nach kurzer Zeit habe ich mich in den Gewölben komplett verlaufen und lass mich einfach nur durch die Gänge treiben. Überall werde ich aufgefordert, die verschiedensten Köstlichkeiten zu probieren, Tee zu trinken, Zigaretten zu teilen oder einfach nur ein Foto von den Shop Besitzern zu machen. Aber auch immer erst, nachdem sie erfahren haben, dass ich Deutscher bin. Als solcher hat man im Iran ein wirklich unglaublich gutes Image, man könnte fast sagen, sie lieben uns und glauben an eine verwandtschaftliche Beziehung beider Länder.
Ich treffe Sina und seinen Kumpel, die mir die Stadt zeigen wollen. Wir verabreden uns für den nächsten Tag, denn für heute reicht es mir. So viele neue Bekanntschaften wollen erstmal verdaut werden.
Sina ist nicht nur Boutique Besitzer, sondern hat auch eine Lizenz als Touristenführer und darf deshalb, ohne Ärger zu bekommen, mit uns Ausländern zusammen sein. Er zeigt mir alte Teehäuser, historische Plätze und Museen, aber die meiste Zeit verbringen wir mit quatschen. Ihn interessiert, wie es bei uns so alles läuft ( natürlich auch mit den Mädels)und mich, wie das Leben im Iran abgeht. Nach gefühlten 5 Litern Tee und haufenweise Kabab wird es für mich Zeit, meine Sachen für den morgigen Tag zu organisieren. 500km Strecke nach Masuleh stehen auf dem Plan. Masuleh soll das schönste Dorf des Iran sein. Aber vorher will ich noch einen Schlenker zum Kaspischen Meer machen. Vielleicht kann ich ja etwas Caviar auftreiben. Der beste kommt aus dieser Region.
Die Autobahn nervt und ist eintönig. Zwar werde ich bei den Bezahlstationen immer freundlich durchgewunken, aber ich nehme schon den ersten Abzweig nach Miyaneh und fahre lieber Landstrasse. Fast kein Verkehr, gewohnt schöne Landschaft. Was will man mehr. Kurzer Snack in Miyaneh, umringt von Schülern in Uniform mit einem Haufen Fragen.
Und dann weiss ich, was ich mehr will: gewohnt gute Strassen. Ich quäle mich auf Schotterpisten einige Passstrassen hoch. Dafür bin ich allein und kann die Sinne über das Panorama schweifen lassen. Nach Khalkhal halte ich an einem kleinen Cafe auf einen Tee und werde mit einem Hitlergruss empfangen. Dafür besänftigt mich ein kleiner Junge mit einem Ständchen auf seinem Saiteninstrument.
Es geht bergab Richtung Kaspischem Meer und ich tauche aus der vegetationslosen Zone in dichte Wälder ein. Einige Jugendliche auf ihren 150er Mopeds wollen mich zu kleinen Rennen auffordern und rasen mit halsbrecherischem Tempo an mir vorbei. Ich spiele einmal kurz mit und greife sie mir, verfalle dann aber wieder in meinen gewohnten Cruiserspeed.
Arme Rosie, muss sie noch mein spätpubertäres Verhalten ausbaden. Hat schon genug zu kämpfen, das alte Ross.
Kaum habe ich die Berge hinter mir gelassen, bin ich auf einmal in einer anderen Welt , wähne mich in Südostasien.
Bis das Auge reicht erstrecken sich Reisfelder, auf denen Menschen mit grossen Basthüten die Pflanzen einsetzen.
Endlich der Abzweig nach Masuleh. Wieder schlängelt sich die Strasse die Berge hoch. Nach 25 km stehe ich vor einem pittoresken an den Hang gebauten Dorf aus lehmverputzten Häusern. Ein Schlepper leitet mich an den englisch sprechenden Medi weiter und bald bin ich Mieter eines für mich alleine viel zu grossen Apartments. Egal.
Er nimmt mich mit in den Basar und ich verliebe mich sofort in diesen schnuckeligen kleinen Ort. Kleine Gassen mit Läden , Cafes und Restaurants winden sich den Hang hoch. Die Dächer der unteren Häuser sind die Wege der oberen Gassen. Hier wird kein Platz verschenkt.
Ich treffe David wieder, einen Italiener, den ich schon in Maku getroffen habe. Wir beschliessen, den folgenden Tag etwas in die Berge zu kraxeln. Wir geben bestimmt ein lustiges Paar ab, denn er humpelt, wegen eines kaputten Fussgelenkes, genauso wie ich durch die Landschaft. Durch dichtes Unterholz bahnen wir uns den Weg den Berg hinauf, immer auf der Hut vor Wildschweinen. Denn die gibt es hier ohne Ende, isst ja keiner hier.
Masuleh ist latut Aussage der Iraner einer der lockersten Orte Irans. Wenig Polizei und keine Sittenpolizei lassen Liebespaare scharenweise anpilgern. Hier darf man Händchen halten und kann sich mal auf die ein oder andere Lichtung im Wald zurückziehen…..Auch die Kleidung der Frauen ist wesentlich bunter und der Schleier fällt schon mal in den Nacken.
Wir bleiben noch einen Tag zum Relaxen und werden noch von Hamid und seinem Kumpel zum Essen eingeladen. Viele Infos über den Iran und nette Musik auf der Tar, einem traditionellen Saiteninstrument.
Dann aber weiter nach Tehran. Ich muss zu DHL, meinen Pass abholen. Der Verkehr wird immer dichter, je näher ich der Hauptstadt komme. Dabei habe ich mir als Reisetag den Freitag, also Feiertag, ausgesucht. Möchte gar nicht wissen, wie das sonst abgeht. Bin gespannt auf den Moloch Tehran.