Bis Mendoza

Gesagt , getan. Sind ja nur 230km bis Potosi, meinem nächsten Ziel. Und das auf der neusten Strasse Boliviens. Ein Kinderspiel, dachte ich. Ich geniesse die tolle Landschaft ohne auf Schlaglöcher und andere Unwegsambarkeiten achten zu müssen. Und dann das. Strassensperre 30km vor Potosi.
Ich könne nicht weiterfahren. Revolte in der Stadt. Keine Chance. Ich wäge meine Situation ab.Hinter mir stehen an die 50 Trucks. Keiner kann durch. Klar, ich könnte mir ein paar nette Tage mit den Jungs der Landstrasse machen, auf der Strasse pennen, Schnaps saufen und Rosie bei den abendlichen Kartenspielen verzocken. Ich verstehe ja eh nicht viel. Super Opfer. Aber nicht umbedingt eine Option. Wer weiss schon, wie lange der Spass hier geht. Sehe mich schon mit Vollbart und ohne Hab und Gut an der Feuertonne stehen. Also egal, denke ich mir, und umfahre unter lautem Geschrei die Steinblockbarrikade.
Dann kommt aber eine Sperre nach der nächsten. Vielleicht doch lieber die wilden Trucker? Ne, denke ich mir, könnte ja noch schlimmer kommen als Feuertonne und Vollbart und es ist eh zu spät um umzukehren. Umkehren mag ich grundsätzlich nicht! Aber besser wird es auch nicht. Aufgebrachte Demonstranten kommen auf mich zugerannt, um meine Reifen mit Nägeln zu traktieren und mich von Rosie zu zerren. Überall brennen Reifen und fliegen Steine.Ich rufe nur so selbstsicher, wie es geht : Yo soy Aleman, turistico…emergencia… und fahre weiter, während ich nach mir greifende Arme abwehre und mir der Arsch auf Grundeis geht. Rosies massiges Auftreten schüchtert Gott sei Dank viele ein. Ist so ein bisschen, wie als Polizist mit einem fettarschigen Pferd durch die Demonstranten zu pflügen. Schon blöd, wahrscheinlich haben sie einen Grund für all das was sie hier machen. Aber nicht meine Baustelle. Irgendwann finde ich meinen Engel. Eine nette alte Quechuan hat Mitleid mit mir, erkennt wohl meinen panischen Gesichtsausdruck, und zeigt mir einen Weg durch das Chaos, der nicht so viele hochemotionale Sperren hat .So komme ich irgendwie durch. Dann, an der Hauptstrasse nach Sucre, wird die Atmosphäre entspannter. Zwar auch Sperren, aber sie lassen mich ungehindert raus. Wenn der Bursche es bis hierher geschafft hat, dann hat er das auch verdient….
Eigentlich wollte ich ja hierbleiben und weiter Richtung Süden, aber ich bin mir bewusst, dass ich Glück gehabt habe, hier unbeschadet rausgekommen zu sein und fahre durch bis Sucre.
Die Stadt gefällt mir auf Anhieb. Ich habe eigentlich eine Buchung für einen Homestay bei einer Schweizer Familie, bin aber viel zu früh hier, wollte ich doch erst in den Süden und kam nicht zu dem Abzweig in Potosi. Ich checke im sehr netten Hostal Pachamama ein, streife erst einmal durch die weisse Stadt.
Eigentlich ist Sucre einer der schönsten Städte, die ich bisher auf meiner Reise gesehen habe. Wunderschöne alte spanische Kolonialbauten, relaxte Atmosphäre und viele Cafes, Kneipen und Restaurants. Halt Studentenstadt und Gringostadt, wegen der vielen guten Spanischschulen. Am dritten Abend sitze ich im Berlin, einem deutschen Laden, beim PAULANER , um die Situation mit den hiesigen Sprachschulen abzuchecken ( die haben auch eine). Da komme ich mit zwei etwas älteren Deutschen ins Gespräch. Fritz und Paul ( Namen geändert) sind schon etwas länger hier. Der eine lernt hier seit Monaten akribisch Spanisch, der andere scheisst drauf , ist hier auf seiner Reise hängengeblieben und lebt seit 2 Jahren in Sucre. Und bietet mir eine Wohnung über ihm an. Nach einigen Paulanern mehr ist mein Entschluss schon so gut wie gefasst. Eine Bleibe mit Küche und 2 Räumen ist allemal besser als das Backpacker verseuchte Hostal ( aber trotzdem eine gute Wahl) , das ich jetzt bewohne, und sogar einiges billiger.
Ich bin halt zu alt, um mich mit Baujahr 90 Menschen über die Partyspots in Südamerika auszutauschen.
Die klopfen schon morgens höflich an, um zu gucken, ob ich noch lebe. Und auch zu alt, um als Mitbewohner bei einer Familie zu leben. Aber ich habe ja nun mal zugesagt.
Dann schlägt das Schicksal zu. An dem Tag, an dem ich bei den Schweizern einziehen sollte, ereilt mich ein Notfruf.
Eine Bekannte hat auf dem Weg in Potosi eine schweren Unfall gehabt. Auf Moped gesessen, über die Strasse gespanntes Seil nicht erkannt, hängengeblieben mit 50kmh , Schulter gebrochen, Krankenhaus, Krankenhaus bezahlen, kein Geld aus ATM, da leer, Problem! Also mach ich mich mit meiner ungemeinen Erfahrung bezüglich bolivianischer Demonstrationsweisen noch einmal auf, um ihr Geld zu bringen. Sie glücklich, ich glücklich, denn ich habe eine berechtigte Ausrede, dem schweizerischen Familienleben zu entkommen.
So ist Senior Phillippe glücklich, einen neuen Mieter zu haben, und ich richte mich am kommenden Tag erst einmal häuslich ein. Klar, Rosie in den etwas engen Hausflur zu fahren ist ein bisschen, wie einen Faden durchs Nadelöhr zu ziehen, aber geht dann doch nach ordentlichem Striptease ( von Rosie).
So gehe ich fleissig in die Schule ( nur ein paar Meter entfernt) , komme mir vor wie ein beschi… Pennäler,
feier aber auch wie einer, und lerne die ortsansässigen Voll- und Halbgringos kennen.
Wenn man so lange keinen FESTEN WOHNSITZ gehabt hat wie ich, fühlt man sich schon nach 2 Wochen, als wäre man schon immer hier gewesen. Leider auch mit all den Nachteilen eines vergleichsweisen kleinen Kaffs. Jeder kennt jeden und Bolivianer und die ortsansässigen Gringos sind gerne Lästermäuler.
Dann kommt der Tag, an dem ich mit ein paar sogenannten neugewonnenen Freunden einen Kurztrip in einen neuen Nationalpark plane. Einer der wenigen Punkte auf diesem Planeten, an dem sich natürlich Palmen auf 3000m Höhe angesiedelt haben. Wie nennt man so einen Ort? Klar, Palmar.
Fritz, mein Untermieter, Roxana, eine wirklich sympatische Reisebüro Eigentümerin, Pio, ein Incasprössling und der Mensch, der das promoten soll, sind mit von der Partie. Aber Bolivien bedeutet auch, dass alles verschoben wird und sich ändern kann. Warum entspannt, wenn es auch hektisch geht.
Denn wenn es dann losgeht, dann rapido und um 6 Uhr morgens.
Pio hat noch eine Frau eingepackt, die aber trotz der 6 stündigen Anfahrt, am nächsten Morgen wieder nachhause möchte. Wenn das mal funktioniert….
Aber wir fahren ja mit 2 Geländewagen.Und es funktioniert natürlich nicht…
Roxana hat noch Silke mitgebracht. Eine Mitarbeiterin, Deutsche, die schon seit geraumer Zeit in Sucre lebt.
Und Fritz ist abgesprungen.
Tolle, entspannte Fahrt nach Palmar. Alle sind gut drauf. Bestes Wetter und atemberaubende Kulisse. Palmar selber ist ein verschlafenes Nest ohne jede Infrastruktur für Besucher. Nach einer Wanderung durch die mit Palmen bestandenen Schluchten sind alle begeistert, aber auch etwas ernüchtert. Hier werden so schnell keine Pauschalis auftreten. Zu steil und zu anstrengend. Aber nach aufgebautem Zelt und einem Glas Rotwein ist aller Sch(w)eiss schnell vergessen. Nur die von Pio mitgebrachte Frau nervt. Sie will nach hause. Hätte sich die Schnepfe aber auch überlegen können, dass es von hier keinen Linienbus gibt.
Auch der nächste Tag ist wunderschön und Pio besorgt für den Abend einen Zeltplatz bei einem Campensino mit angrenzendem Wasserfall. Beim Lagerfeuer, umgeben von Rindern, Eseln und Hunden ist die Welt noch in Ordnung. Nur Schnepfe nervt immer mehr.
Wir wollen zur Schlucht der Kondore. Pio sagt 2 Stunden hoch, 1.5 zurück. Ich gucke hoch, gucke auf unsere untrainierte Truppe und denke: niemals!
Schnepfe, der Guide und Pio geben Gas, klar, sie will schnell weg. Roxana und Silke fallen immer mehr zurück. Ich habe beim Trekken gelernt, immer auf das schwächste Glied zu achten. Also gehen wir drei unser Tempo. Nur wissen wir irgendwann nicht mehr genau wohin. Niemand mehr in Sicht. Blöd.
Dann kommt Pio auf einmal zurück. Ich sage ihm, dass das nicht so gut wäre, Leute im Unklaren zu lassen, wo es denn herginge. Wie aus heiterem Himmel schreit er mich auf einmal an wie ein Geisteskranker. Erst denke ich, das ist ein Scherz. Aber weit gefehlt, der meint das wirklich ernst.
In Drohhaltung steht er, mit einem Stock fuchteld, sabbernd und schreiend vor mir. ´Was bist du für ein undankbarer Tourist, das ist so in Bolivien. Wenn die Frauen das nicht schaffen, ist das eben so……ihr Deutschen wisst immer alles besser…`
Ich mache ihn darauf aufmerksam, dass man sich in der ganzen Welt bei Trekkingtouren an dem schwächsten Glied orientiert. Ernte aber nur Zorn. Wutschnaubend zieht er von Dannen. Ich mache mit den Mädels unser Tempo und auch wir erreichen den Berggipfel. Allerdings erst nach 3 Stunden.
Muss aber in mich reingrinsen, als ich erfahre, dass sich noch kein Kondor hat blicken lassen.
Prompt sind wir angekommen, ziehen 3 der Fluggiganten an uns vorbei. Ok, auch nicht gerade in der Entfernung, dass es dunkel wird, aber immerhin.
Eigentlich wollte ich noch 2 Tage mit Pio in der Ecke bleiben, aber das Zusammensein mit Cholerikern verschiebe ich auf einen späteren Zeitpunkt und fahre mit den Mädels zurück nach Sucre.
Roxana möchte gerne, dass ich Fotos für ihre nächste Internetseite mache und lädt mich zu einer 5 tägigen Tour zu den Highlights Südboliviens ein. Scheiss was auf Schule, das klingt mal viel interessanter.
Mit von der Partie, ausser Roxana , sind Silke, Farid der Fahrer, und Manu, eine Reiseleiterin der Agentur, die noch nicht alle Ziele kennt und ihr Deutsch auffrischen soll.
Klar verschiebt sich alles mal wieder, aber in diesem Fall ein Glücksfall. Nach einer Woche bescheidenden Wetters fahren wir im Sonnenschein los und es soll so für die kommende Zeit bleiben.
Von Sucre geht es nach Potosi, bekannt für seine Silberminen, die schon die Spanier zu schätzen wussten. Und Roxana hat sich in den Kopf gesetzt noch eine vor der Weiterfahrt nach Uyuni zu besuchen.
Wer denkt, dass wäre wie der Besuch des Bergbaumuseums in Bochum, hat sich geirrt.
Erst müssen wir zu einem kleinen Kiosk und uns mit reichlich Kokablättern und fast reinem Alkohol eindecken. Nicht nur das die Jungs da unter Tage immer komplett strunkelig sind um das zu verkraften, man muss auch dem Berggott Tribut zollen. Steht auch auf strunkelig. Dann SICHERHEITSKLEIDUNG anlegen. Und ab in den Kaninchenbau. Anders kann man das nicht beschreiben. Klar, die Mineros sind alle so laufende Meter, aber für einen Mitteleuropäer eine Tortur. Hat so ein bisschen was von Indiana Jones. Überall Wasser, unheilvoll vor sich hin gammelde Holzständer, Götterstatuen mit Kippe im Gesicht und Kokablättern im Schoß bei einer Höhe von 1,4m. Nur das ich Gott sei Dank einen Helm auf habe und keinen Hut. Auch so habe ich am Ende der Tour Beulen am Kopf.
Ok, muss man mal gemacht haben. Aber auch Roxana streicht das aus ihrem Touristen Programm. Könnte zu Schlaganfällen und Herzinfakten bei den Studiosus Reisenden führen.
Wir ändern die Fahrsituation. Jetzt ist Farid Tourist und Juan, unser Fahrer in seinem netten Landcruiser 90. Es geht über den Salar de Uyuni, den mit über 10000qkm weltgrößten Salzsee, zur Insel Incahuasi.
Mitten im weißen Nichts ragt auf einmal eine Felseninsel auf. Und darauf wachsen meterhohe Kakteen mit einer Höhe bis 6m. Wenn man bedenkt, daß die nur einen cm im Jahr wachsen, sind die Burschen schon ganz schön alt. Wir übernachten in einem Salzhotel ( gebaut aus Salz), in dem man auf keinerlei Luxus verzichten muss und machen uns am nächsten Morgen auf zu den nächsten Highlights der Region. Die Bandbreite dessen, was man in dieser Region erkunden kann, ist fantastisch. Von Höhlen mit versteinerten Korallen, Höhlen mit Mumien, Geysiren, Vulkanen und Lagunen mit den extremsten Farben wird einem hier alles geboten. Immer wieder kreuzen Vicunas und Guanacos unseren Weg. Ab und zu hält Juan an, um das ein oder andere steckengebliebene Fahrzeug anderer mit unglaublichem Improvisationsvermögen wieder flott zu machen. Abends übernachten wir in unerwartet komfortablen Unterbringungen. Die Tage fliegen nur so dahin und schon bald ist alles schon wieder zuende und wir sind wieder in Potosi. Eigentlich will Roxana noch in eine andere Mine, aber da kriegen mich keine 5 Pferde mehr rein. Dafür haben wir ein letztes einzigartiges Erlebnis. Wir übernachten in der ältesten Finca Südamerikas.
Und der Besitzer , ein Bekannter von Roxana, läßt es sich nicht nehmen uns durch sein Hotelmuseum zu führen. Tief beeindruckt von den unglaublichen Exponaten sitzen wir noch bis tief in der Nacht bei dem ein oder anderem Glas Wein am prasselden Kaminfeuer zusammen und lauschen seinen Erzählungen aus der Geschichte dieses Anwesens.
Die Tage in Sucre sind für mich gezählt. Ich schraube noch ein wenig an Rosie, irgendwie macht sie wieder komische Geräusche, verbringe noch etwas Zeit mit meinen neuen Freunden Roxana und Silke, und mache mich auf den Weg gen Süden.
Tarija heißt mein Ziel auf dem Weg nach Argentinien. Hier befindet sich das Weinanbaugebiet Boliviens.
Ich unternehme einige Ausflüge in die landwirtschaftlich geprägte Umgebung und genieße die lebensfreudige Art der Einwohner. Hier spielt Essen und Trinken die größte Rolle und ich schließe mich gerne an. Mit einigen kulinarischen Spezialitäten kann ich mich allerdings nicht so wirklich anfreunden. So bekomme ich zum Beispiel einen Teller vorgesetzt, auf dem sich eine Art Hummer befinden, die jedoch die Größe haben, als würden sie in die Puppenstube gehören. Diese wie kleine Monsterinsekten aussehenden Dinger isst man dann auch im Ganzen. Na ja….
Ich entscheide mich für den Grenzübergang in Bermejo um nach Argentinien zu gelangen.
Die Fahrt startet bei Sonnenschein aber sobald ich in tiefere Gefilde komme und auf den Rio Bermejo treffe, wird es auf einmal tropisch und feucht. Bis zur Grenze geht es durch eine Schlucht im Baritu Nationalpark. Plötzlich fahre ich durch dichten Dschungel. Was für ein Gegensatz zur morgentlichen Landschaft.
Ich habe die Grenze noch nicht erreicht, da werde ich an einem Posten von Argentinischen Polizisten angehalten. Sehr jovial werde ich aufgefordert, mein Gepäck zum Röntgen in einen Raum zu bringen. Alles ist sehr entspannt und schnell erledigt und nach einer herzlichen Verabschiedung geht es weiter.
An der eigentlichen Grenze, nach Überquerung einer Friedensbrücke, werde ich von den Bolivianern in 3 Minuten ausgestempelt. Auch die Argentinier sind sehr zügig mit dem Abstempeln meines Passes und der Erteilung einer Einfuhrgenehmigung für Rosie. Dann aber die Frage, mit der ich hier nicht gerechnet hätte:
Wo ist die Versicherung für ihr Motorrad, ohne gibt es keine Einreise. Scheisse. Wollte ich in aller Ruhe in Salta erledigen und habe nicht gedacht, daß die einen erst gar nicht reinlassen. Ich reagiere sofort und verkaufe ihnen mein Carnet als Deutsche Versicherung. Kennen sie nicht und schieben das Papier von einem zum anderen. Alle versuchen verzweifelt, irgendwas zu entziffern. Ich verweise noch darauf, das Argentinien auf der Rückseite vermerkt ist. Nach 15 Minuten geben sie auf und lassen mich meines Weges ziehen.
Ziemlich durchnässt und durchgefroren komme ich abends in Salta an. Ich nehme das erst beste Hostel und will nur noch eine heisse Dusche. Für 20$ bekomme ich ein enges Zimmer mit angrenzendem Bad, in dem allerdings nichts funktioniert. Die rauschende Klospülung muß mit einem beherzten Griff in den Spülkasten gestoppt werden, will man nicht die Niagarafälle im Zimmer haben und den Duschkopf habe ich bei der ersten Berührung schon in der Hand. Egal, dann halt Indisch mit Eimer. Immerhin ist das Wasser heiß.
Frisch geeimert mach ich mich auf, ein Steakhaus zu finden. Und finde den Tempel. Was der Ober mir im Viejo Jack auf den Tisch stellt, ist ein Traum von einem Steak. 400g die aus dem Himmel kommen. Dafür lasse ich jedes Kobe Steak stehen. Da hilft auch kein Streicheln..Nach jedem Biss ein Frohlocken. .
Ich muss ein paar Pesos aus dem Automaten ziehen und ärgere mich schwarz. Zwar geben die an, sie würden auch Dollars ausspucken, aber das ist seit einiger Zeit tabu. Also muss ich mit dem Kurs von 1 zu 10 leben.
Am nächsten Tag mache ich mich dann auch sofort auf, die Schwarzmarkthändler ausfindig zu machen.
Und schon bald höre ich ein Flüstern: `Cambio?`.
Ein Typ mit dem Charme eines möchtegern Mafioso bietet mir 15 Pesos für den Dollar. Na geht doch. Das macht das Leben hier schon etwas günstiger. Denn sonst ist es fast teuerer als Deutschland.
Nach der konspirativ anmutendenTransaktion in der letzten Ecke eines schröggeligen Cafes, gehe ich erst einmal auf Erkundungstour.
Salta ist so ganz anders als Bolivien. Zwar architektonisch ähnlich durch die vielen wunderschönen Gebäude aus der spanischen Epoche, gibt es hier unzählige Cafes , in denen man draußen sitzt und das Leben beobachtet. Viele meist argentinische Touristen bevölkern die Straßen und Souveniershops und das Überangebot an Geschäften ist nach Sucre geradezu ein Schock.
Mir reicht das Stadtleben dann nach 2 Tagen auch wieder .
Ich möchte auf die Routa 40 treffen, um sie auf meiner Tour durch Argentinien einmal komplett zu fahren.
Die Routa 40 ist so etwas wie die argentinische Route66 , nur mit 5300km deutlich länger. Eine der längsten Fernstraßen der Welt. Also auf nach Cachi.
Nach gemütlichem Cruisen entlang wunderschöner Fincas, geht es auf Schotter weiter in die Berge.
Unzählige Serpentinen später habe ich den Pedra de Molina erreicht und überschaue eine grandiose Kulisse. Dann endlich der Abzweig auf die RN 40.
Cachi ist schnell erreicht und ich setze mich auf den kleinen Marktplatz und gönne mir einen kleinen Snack und ein Glas Wein. Ich sitze noch nicht lange, da kommt ein babyblaues Ford Coupe von 1947 angerollt und Martin, der Fahrer, spricht mich sofort an. Wir verabreden uns zum Abendessen und suchen uns erst einmal eine Bleibe. Ich entscheide mich fürs Campen auf den örtlichen Campingplatz und bin beeindruckt. Ein riesiges Areal mit vielen Bäumen und sauberen sanitären Anlagen ganz für mich allein. Am frühen Abend kommt der Wärter, kassiert die unglaublichen 1,5$ und stellt für mich die Wassertherme an, damit ich heiß duschen kann. Super..
Martin ist Schweizer, lebt aber seit 16 Jahren in Buenos Aires und will mit seinem Ford auch Richtung Patagonien. Also beschließen wir, bis Mendoza gemeinsam zu fahren.
Wenn man schon in einer weltberühmten Weingegend ist, muss man auch mal testen. So folgen wir dem Abzweig von der RN 40 zur Estancia Colome. Auf abenteuerlicher Piste geht es 20km bis zu diesem beeindruckenden Weingut einer schweizer Familie. Uns erwartet köstliches Essen mit köstlichem Wein, besonders wegen der Höhenlage des Anbaugebietes. Ich halte mich etwas zurück, denn es folgen noch 250km Schotter bis Cafayate.
Und das war auch besser so, denn was jetzt folgt ist zwar landschaftlich eine der schönsten Strecken, die ich je gefahren bin, aber auch fahrerisch anstrengend. Das Valle Calchaquies . Die Landschaft ist wie von einem anderen Planeten. Die verrücktesten Felsformationen in den unterschiedlichsten Farben wechseln sich ab. Aber auch immer wieder weiche Sandpassagen und tiefer Schotter auf der Piste. So kann ich die Augen nicht völlig schweifen lassen, sondern muss mich konzentrieren.
Völlig euphorisch kommen wir in dem wunderschönen Ort Cafayate an und beenden den Abend mit einem 11% craftbeer, uups..
Etwas verkatert machen wir uns auf den Weg zu den Ruinas de los Quilmes, einer präkolumbischen Anlage aus der Zeit von AD800. Unglaublich anzusehen, wie die Leute damals schon in der Lage waren, riesige Steinquader den Berg hoch zu schaffen.
Nach einer Nacht im nicht beeindruckenden Belen soll es heute nach Villa Union gehen. Allerdings haben wir eine Schweizer Familie ( unglaublich viele Schweizer überall) getroffen, die berichteten, daß die Passstraße Cuesta de Miranda wegen Bauarbeiten nicht zu befahren sei. Wir haben aber keinen Bock auf einen Umweg von 200km und gehen das Risiko ein. Bein Erreichen der Baustellencontainer fragt Martin mal nach und erhält die Auskunft, daß wir so gegen 18 Uhr, nachdem die meisten Baustellenfahrzeuge weg sind, passieren dürfen. Also 3 Stunden Zeit totschlagen. Wir reinigen die Luftfilter, wechseln die Batterie am Ford und erledigen noch einige andere Wartungsarbeiten, bevor wir im Konvoi durch die Restbauarbeiten geschleust werden. Der schon fertiggestellte Teil der Straße ist ein Traum. Nagelneue Kurvenstraße durch super Bergkulisse bei abendlichem Sonnenlicht..
Villa Union ist mehr der Ausgangspunkt zu einem Besuch des Parque Nacional Talampaya als ein beschaulicher Ort. Also Essen,Schlafen, Tschüß.
Den Besuch des Parks ersparen wir uns auch. Man muss in einen Bus umsteigen und als ich die Touristengruppen sehe, habe ich keine Lust mehr.
Dafür dann der Parque Natural Provincial Ischigualasto. Hier geht es dann mit dem eigenen Fahrzeug. Ich lasse Rosie stehen und spiele Beifahrer im Ford. Und bin nach 3 Stunden beeindruckt, wie robust dieses wunderschöne alte Auto doch ist. Der Park ist es allemal wert diese Zeit zu investieren. Hat was von klein Monument Valley. Durch Erosion verursachte Steinformationen, wie man sie aus alten Western kennt.
Und das Farbenspiel der Felsen ist mal wieder von einer anderen Welt.
Wir stoppen in San Juan. Von hier aus ist es nicht mehr weit nach Mendoza.
Ich fahre direkt auf der RN 40 nach Mendoza, will ich doch den eigentümlichen Geräuschen von Rosie auf die Spur kommen. Martin schließt sich derweil einer Oldtimer Ralley an, die auf einem Umweg durch die Berge die Weinstadt erreichen will. Aber wir werden uns in Mendoza sicher treffen.