Ab nach Sydney

Nach der wunderbar entspannenden Zeit bei Harry und Jane mit dem Luxus eines weichen Bettes geht es weiter Richtung Küste. Cape le Grande ist das 380 km entfernte Ziel und eigentlich kommen wir viel zu spät weg, müssen doch noch so einige Erinnerungsfotos geschossen werden. So ist es auch schon fast dunkel, als wir endlich den Nationalpark erreichen. Und dann beginnt das Spiessrutenfahren. Die Australier hatten uns gewarnt, nicht in der Dämmerung zu fahren und wir verstehen warum. Auf beiden Seiten der Piste stehen Herden von Kängurus, die sich scheinbar einen Spass daraus mache, im letzten Augenblick vor unseren Bikes die Strasse zu überqueren. Bemerken sie, dass es doch zu knapp wird, geraten sie in Panik und hopsen wie die Kaninchen kreuz und quer vor uns her. Nicht wirklich lustig, sind die Burschen doch ganz gut in Futter und ein Zusammenstoss könnte für beide Seiten tragisch enden.
In völliger Dunkelheit versuchen wir einen Zeltplatz zu finden, müssen aber feststellen, dass alles belegt ist. Also ein Häusschen weiter und in Lucky Bay haben wir dann auch wirklich Glück. Zwar schon reichlich voll, finden wir noch 2 Plätze für unsere Zelte.
Nach einem kurzen Frühstück, bei dem wir Besuch von einer sehr zutraulichen Roos Dame samt Nachwuchs ( Füttern verboten) bekommen, schauen wir noch einmal am ersten Camp vorbei. Die Landschaft mit den weissen Sandstränden und glasklaren Wasser lädt einfach zu einem extra Tag ein.
Und wir habe Glück und ergattern einen freien Platz. Während ich meine Zeit nutze, diese wunderbare Szenerie auf Fotos festzuhalten, sorgt Kevin dafür, dass wir am nächsten Morgen einige köstlich Fische in die Pfanne hauen können.
Gut genährt geht es dann auch weiter Richtung der gefürchteten Nullarbor ( keine Bäume) Strecke.
Knapp 2000km zieht sich diese Strasse schnurgerade an der Südküste lang und bis auf paar Roadhouses gibt es hier so gut wie nichts. Ist man allerdings ein begeisteter Golfspieler, sollte man sich dieses Ende der Welt nicht entgehen lassen. Zwei angetrunkene Aussies haben sich überlegt, sie könnten doch den weltweit längsten Golfplatz kreieren. Auf einer Strecke von 1365km haben sie 18 Löcher in die Pampa gebaut, viele davon an den Roadhouses. Man braucht schon etwas Geduld, um irgendwann seine Urkunde in Empfang zu nehmen.
Die Nullabor Ebene ist die weltgrösste Kalksteinplatte und nicht umsonst haben AC/DC auf der längsten geraden Strasse Australiens das Stück Highway to Hell geschrieben. Ich kann es verstehen und summe den Song unentwegt vor mich hin.
Wir haben viel zu viel Gemüse eingekauft und realisieren erst jetzt, dass wir kurz vor der Grenze zu South Australia sind. Und da die Australier panische Angst vor der Verbreitung der gemeinen Fruchtfliege haben, wird uns nicht erlaubt, rohes Grünzeug mit über die Grenze zu nehmen.
Also was tun, haben wir doch genug Geld bezahlt und wollen kein Essen wegwerfen.
Wir beschliessen, uns für die Nacht in die Büsche zu schlagen und vorher noch das gesamte Gemüse zu kochen.
Während Kevin wieder mal versucht, die Elektrik des Gespanns zu reparieren, schnibbeln Kerstin und ich uns einen Wolf und lachen uns ob der etwas skurrilen Situation halb tot.
Nach getaner Arbeit gönnen wir uns noch einen Becher Wein und beobachten eine Gewitterfront in weiter Ferne. Kevin, unsere Wettervorhersage, beruhigt uns mit den Worten: Àch, das zieht vorüber`, und wir gehen schlafen.
Als ich am Morgen den Kopf aus meinem Zelt stecke, bietet sich mir ein Bild der Verwüstung.
Das Zelt vom Chaosteam hängt nur noch auf halb 8 und ist umgeben von einem See, indem so allerlei ihrer Utensilien schwimmen. Nicht nur das wir einige Zeit brauchen um alles zusammen zu suchen, wir müssen auch noch durch die Seenlandschaft zurück auf die Hauptpiste. Und als wäre das noch nicht genug, stellen wir an der Grenze fest, dass der eigentliche Quarantäne Checkpoint erst in 500km ist. Also alle Arbeit umsonst. Toller Tag….
Der Eyre Highway hat in Southern Australia so einige tolle Aussichtspunkte von der Steilküste zu bieten.
Schade nur, dass keine Walsaison ist. Muss grandios sein die Meeressäuger von hier oben beobachten zu dürfen.
Zwar haben wir die Nullabor jetzt hinter uns, das ändert aber nichts am eintönigen Fahren. Hier ist Getreideland und die Käffer hier scheinen nur aus Kornspeichern zu bestehen. Zudem ist Erntezeit und wir müssen höllisch aufpassen, nicht in eines der immer wieder kreuzenden Erntefahrzeuge zu donnern.
Wir unternehmen einen kurzen Versuch dem öden Fahren durch einen Besuch des Gawler Nationalparks zu entgehen. Aber nach 40km Wellblechpiste, auf der ich gehörig Angst habe, dass mein nur notdürftig mit 2 Kabelbindern befestigter Ölkühler abfällt und der Tatsache, dass sie hier am Ar…der Welt ein Vermögen fürs kampieren verlangen, verbringen wir die Nacht wieder mal in der wunderschönen Wildnis und machen uns am nächsten Tag auf nach Port Augusta.
Es wird zunehmend voller auf dem Highway und die unzähligen Road Trains lassen kein besonders relaxtes Fahren zu. Also ab auf eine Nebenstrecke im Inland. Und schon wird es an den Ausläufern der Flinders Range wieder interessant. Kurvige Strassen durch hügelige Landschaft und pittoreske Dörfchen. Und in einem von ihnen auf einem etwas abgehalfterten Campingplatz halten wir für die Nacht. Eigentlich nichts, worüber man berichten müsste, wäre da nicht der kautzige Besitzer mit seinem Faible. Possums. Diese possierlichen Beutelratten werden von ihm gepflegt und allabendlich mit selbst gebackenem Kuchen verwöhnt. Und vermehren sich dementsprechend…..nicht jedermanns Sache.
Nördlich von Adelaide verändert sich die Landschaft, wird merklich grüner, fruchtbarer und dadurch zu einem der wichtigsten Weinanbaugebiete. Jeder, der einen guten Rotwein zu schätzen weiss, kennt die Namen Claire Valley und Barossa. Überall an der Strasse wird zum Testen aufgefordert und ich ärgere mich ein wenig, mit dem Bike in dieser Region zu sein. Aber zumindest am Abend gönne ich mir ein nettes Fläschchen. Und, der ist wirklich gut…
Wir haben die Möglichkeit in Adelaide bei Sean unterzukommen. Selbst auch Motorradfahrer, haben wir ihn im westlichsten Pub Australiens kennengelernt. Er selbst würde auch gerne auf Weltreise gehen, hat aber bisher nur den westlichsten, östlichsten, nördlichsten und südlichsten Pub Australiens mit seiner Triumph besucht. Tja, man muss sich Ziele setzen…
Ich nutze die Pause um meine Reifen zu wechseln bevor es auf die berühmte Great Ocean Road geht.
Nach ein paar Tagen geselligen Zusammenseins geht es dann bei recht trüben Wetter weiter gen Melbourne.
Hier sind wir im Schaf Land. Millionen von Merinoschafen stehen am Rand der Strassen und fragen sich, welche Idioten bei dem schlechten Wetter durch diese einsame Landschaft knattern.
Es ist zwar sehr schattig, trotzdem schaffen wir es über Tage, dem drohenden Regen immer wieder wegzufahren.
Gerade an der Küste angekommen, kriegt er uns dann doch. Wir beschliessen erst einmal 2 Nächte auf einem ganz angenehmen Campingplatz auszuharren. Denn die spektakuläre Küstenkulisse hier wollen wir nicht durch einen Dunstschleier sehen.
Dann die ersehnten Sonnenstrahlen und die sensationelle Sicht auf die Steilküste mit dem Höhepunkt. Die 12 Aposteln, riesige Felsen in der Brandung, die langsam vom Meer abgetragen werden ( gibt auch nur noch 8).
Auf dem Weg nach Cape Otway dann eine Überraschung. Überall auf dem Weg sitzen Koalas in den Manna Gumtrees. Was für uns natürlich ein tolles Ereignis ist, ist für die Natur hier eine Katastrophe.
Die von Phillips Island hier angesiedelten Plüschbären lieben diese Gumtrees regelrecht zu Tode. Sie fressen sie so leer, bis sie eingehen. Schon ganze Waldabschnitte sind deshalb abgestorben und man sucht verzweifelt nach einer Lösung. Die meisten Bäume habe deshalb eine Art metallene Halskrause, die verhindern soll, dass die Koalas herauf klettern können. Sieht schon etwas sonderbar aus.
Der folgende Abschnitt der Great Ocean macht ihrem Namen wirklich alle Ehre und erinnert mich sehr an die Küsten Strasse im Süden der Türkei. Eingefräst in die Steilküste windet sie sich um die endlosen Landzungen. Ein Bikertraum.
Wir stoppen für die Nacht an dem wunderschönen Cumberland River Campingplatz und ich traue meinen Augen kaum. Erst denke ich, es handelt sich um einen Pappaufsteller zu Werbezwecken, aber dann bewegt es sich. Ich stupse Kevin an und auch er kann es kaum glauben. Vor uns steht das Monsterkänguru. Der Bursche ist mindestens 1,80m hoch und ein absolutes Muskelpaket. So verwundert es auch nicht, dass er sich von uns Zwergen nicht aus der Ruhe bringen lässt.
Wir wollen uns nicht in Melbourne aufhalten, sondern nur einige wichtige Dinge erledigen und dann weiter. Ich brauche dringend eine neue Isomatte, denn meine alte Thermarest wirft eine gigantische Blase, auf der sich nicht mehr schlafen lässt. Thermarest war sehr kulant und gab mir eine Adresse in Melbourne, wo ich kostenlosen Ersatz bekomme. Und das Chaosteam hat endlich einen Reifenhändler
gefunden, bei dem sie die gewünschte Grösse bekommen können.
Alles ist ziemlich zügig erledigt und wir entschliessen uns, genug Zeit bleibt, noch die Great Alpine Road von Norden gemeinsam zu fahren. Aber schon bei der Herausfahrt  aus Melbourne verlieren wir uns im Verkehr. Ich fahre noch bis Healesville um hier zu übernachten und gehe zum Einkauf in einen Supermarkt , da spricht mich Bernie an. Er hat eine Moto Guzzi Werkstatt im Ort und ist seit 10 Jahren im Land. Wir quatschen ein wenig und er geleitet mich zu einem Campingplatz. Wir biegen gerade in die letzte Strasse ein, da kommt das Chaosteam um die Ecke geknattert. Ohne die Route geplant zu haben, treffen wir uns hier wieder. Unglaublich. Dann eben eine Wiedersehensfeier mit Bernie und Freundin.
Etwas verkatert geht es durch erneute Weinberge ins Ned Kelly Land. Ned Kelly ist so eine Art australischer Robin Hood oder Billy the Kid und wird in Australien noch immer verehrt – wie auch einige andere Buschranger … Männer, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten waren und Polizei und Obrigkeit immer wieder ein Schnippchen schlugen, indem sie sich in den Bergen versteckten. Aber, wie in Ned Kellys Fall, bezahlten die meisten am Ende mit ihrem Leben. Ned trug immer eine Rüstung und sah aus wie aus der Blechbüchsenarmee der Augsburger Puppenkiste.
Wir schrauben uns immer höher in alpine Gebiete. Erst noch durch dichten Eukalyptuswald mit unbeschreiblichem Duft, sind ab 1300m nur noch abgestorbene, weisse Baumskelette anzutreffen.
Sieht ziemlich unwirklich aus, wie nach einer Nuklearkatastrophe. Und so ähnlich muss es bei den starken Brändenvon 2003 und 2009 auch gewesen sein, die für diese Szenerie verantwortlich sind.
Nach einem kurzen Abstecher zum Lake District ist die Zeit gekommen, sich zu trennen.Das Chaosteam
wird von hier aus Richtung Tasmanien aufbrechen und ich will hoch nach Sydney.
Ich folge dem Princess Highway Richtung Norden und obwohl die kurvenreiche Strasse zum biken wirklich schön ist, bin ich doch etwas enttäuscht . Man hat fast nie einen freien Blick auf das Meer. Das war im Süden dann doch eine schönere Kulisse. Nach einer Nacht auf dem abgewracktesten Canpingplatz , den ich in Australien je besucht habe, und der dazu auch noch einer der teuersten war, schaffe ich es am nächsten Tag durch dichten Verkehr nach Sydney.
Mein Ziel ist eigentlich Woy Woy, 70km nördlich, aber Sydney hat keine wirkliche Umgehungsstrasse und alles muss notgedrungen durch die City. Ich will über die Harbour Bridge und wundere mich über die unglaubliche Präsenz von Polizei und Journalisten im Zentrum.´ Na für dich werden die nicht da sein`
denke ich und erst bei meiner Ankunft in Woy Woy teilt mir Karin, meine alte Freundin, mit, dass es eine Geiselnahme im Lindt Cafe gegeben hätte. Irgendwie bin ich immer in der Nähe, wenn so eine Schei…
passiert.