October 20th, 2015

Bis Mendoza

Gesagt , getan. Sind ja nur 230km bis Potosi, meinem nächsten Ziel. Und das auf der neusten Strasse Boliviens. Ein Kinderspiel, dachte ich. Ich geniesse die tolle Landschaft ohne auf Schlaglöcher und andere Unwegsambarkeiten achten zu müssen. Und dann das. Strassensperre 30km vor Potosi.
Ich könne nicht weiterfahren. Revolte in der Stadt. Keine Chance. Ich wäge meine Situation ab.Hinter mir stehen an die 50 Trucks. Keiner kann durch. Klar, ich könnte mir ein paar nette Tage mit den Jungs der Landstrasse machen, auf der Strasse pennen, Schnaps saufen und Rosie bei den abendlichen Kartenspielen verzocken. Ich verstehe ja eh nicht viel. Super Opfer. Aber nicht umbedingt eine Option. Wer weiss schon, wie lange der Spass hier geht. Sehe mich schon mit Vollbart und ohne Hab und Gut an der Feuertonne stehen. Also egal, denke ich mir, und umfahre unter lautem Geschrei die Steinblockbarrikade.
Dann kommt aber eine Sperre nach der nächsten. Vielleicht doch lieber die wilden Trucker? Ne, denke ich mir, könnte ja noch schlimmer kommen als Feuertonne und Vollbart und es ist eh zu spät um umzukehren. Umkehren mag ich grundsätzlich nicht! Aber besser wird es auch nicht. Aufgebrachte Demonstranten kommen auf mich zugerannt, um meine Reifen mit Nägeln zu traktieren und mich von Rosie zu zerren. Überall brennen Reifen und fliegen Steine.Ich rufe nur so selbstsicher, wie es geht : Yo soy Aleman, turistico…emergencia… und fahre weiter, während ich nach mir greifende Arme abwehre und mir der Arsch auf Grundeis geht. Rosies massiges Auftreten schüchtert Gott sei Dank viele ein. Ist so ein bisschen, wie als Polizist mit einem fettarschigen Pferd durch die Demonstranten zu pflügen. Schon blöd, wahrscheinlich haben sie einen Grund für all das was sie hier machen. Aber nicht meine Baustelle. Irgendwann finde ich meinen Engel. Eine nette alte Quechuan hat Mitleid mit mir, erkennt wohl meinen panischen Gesichtsausdruck, und zeigt mir einen Weg durch das Chaos, der nicht so viele hochemotionale Sperren hat .So komme ich irgendwie durch. Dann, an der Hauptstrasse nach Sucre, wird die Atmosphäre entspannter. Zwar auch Sperren, aber sie lassen mich ungehindert raus. Wenn der Bursche es bis hierher geschafft hat, dann hat er das auch verdient….
Eigentlich wollte ich ja hierbleiben und weiter Richtung Süden, aber ich bin mir bewusst, dass ich Glück gehabt habe, hier unbeschadet rausgekommen zu sein und fahre durch bis Sucre.
Die Stadt gefällt mir auf Anhieb. Ich habe eigentlich eine Buchung für einen Homestay bei einer Schweizer Familie, bin aber viel zu früh hier, wollte ich doch erst in den Süden und kam nicht zu dem Abzweig in Potosi. Ich checke im sehr netten Hostal Pachamama ein, streife erst einmal durch die weisse Stadt.
Eigentlich ist Sucre einer der schönsten Städte, die ich bisher auf meiner Reise gesehen habe. Wunderschöne alte spanische Kolonialbauten, relaxte Atmosphäre und viele Cafes, Kneipen und Restaurants. Halt Studentenstadt und Gringostadt, wegen der vielen guten Spanischschulen. Am dritten Abend sitze ich im Berlin, einem deutschen Laden, beim PAULANER , um die Situation mit den hiesigen Sprachschulen abzuchecken ( die haben auch eine). Da komme ich mit zwei etwas älteren Deutschen ins Gespräch. Fritz und Paul ( Namen geändert) sind schon etwas länger hier. Der eine lernt hier seit Monaten akribisch Spanisch, der andere scheisst drauf , ist hier auf seiner Reise hängengeblieben und lebt seit 2 Jahren in Sucre. Und bietet mir eine Wohnung über ihm an. Nach einigen Paulanern mehr ist mein Entschluss schon so gut wie gefasst. Eine Bleibe mit Küche und 2 Räumen ist allemal besser als das Backpacker verseuchte Hostal ( aber trotzdem eine gute Wahl) , das ich jetzt bewohne, und sogar einiges billiger.
Ich bin halt zu alt, um mich mit Baujahr 90 Menschen über die Partyspots in Südamerika auszutauschen.
Die klopfen schon morgens höflich an, um zu gucken, ob ich noch lebe. Und auch zu alt, um als Mitbewohner bei einer Familie zu leben. Aber ich habe ja nun mal zugesagt.
Dann schlägt das Schicksal zu. An dem Tag, an dem ich bei den Schweizern einziehen sollte, ereilt mich ein Notfruf.
Eine Bekannte hat auf dem Weg in Potosi eine schweren Unfall gehabt. Auf Moped gesessen, über die Strasse gespanntes Seil nicht erkannt, hängengeblieben mit 50kmh , Schulter gebrochen, Krankenhaus, Krankenhaus bezahlen, kein Geld aus ATM, da leer, Problem! Also mach ich mich mit meiner ungemeinen Erfahrung bezüglich bolivianischer Demonstrationsweisen noch einmal auf, um ihr Geld zu bringen. Sie glücklich, ich glücklich, denn ich habe eine berechtigte Ausrede, dem schweizerischen Familienleben zu entkommen.
So ist Senior Phillippe glücklich, einen neuen Mieter zu haben, und ich richte mich am kommenden Tag erst einmal häuslich ein. Klar, Rosie in den etwas engen Hausflur zu fahren ist ein bisschen, wie einen Faden durchs Nadelöhr zu ziehen, aber geht dann doch nach ordentlichem Striptease ( von Rosie).
So gehe ich fleissig in die Schule ( nur ein paar Meter entfernt) , komme mir vor wie ein beschi… Pennäler,
feier aber auch wie einer, und lerne die ortsansässigen Voll- und Halbgringos kennen.
Wenn man so lange keinen FESTEN WOHNSITZ gehabt hat wie ich, fühlt man sich schon nach 2 Wochen, als wäre man schon immer hier gewesen. Leider auch mit all den Nachteilen eines vergleichsweisen kleinen Kaffs. Jeder kennt jeden und Bolivianer und die ortsansässigen Gringos sind gerne Lästermäuler.
Dann kommt der Tag, an dem ich mit ein paar sogenannten neugewonnenen Freunden einen Kurztrip in einen neuen Nationalpark plane. Einer der wenigen Punkte auf diesem Planeten, an dem sich natürlich Palmen auf 3000m Höhe angesiedelt haben. Wie nennt man so einen Ort? Klar, Palmar.
Fritz, mein Untermieter, Roxana, eine wirklich sympatische Reisebüro Eigentümerin, Pio, ein Incasprössling und der Mensch, der das promoten soll, sind mit von der Partie. Aber Bolivien bedeutet auch, dass alles verschoben wird und sich ändern kann. Warum entspannt, wenn es auch hektisch geht.
Denn wenn es dann losgeht, dann rapido und um 6 Uhr morgens.
Pio hat noch eine Frau eingepackt, die aber trotz der 6 stündigen Anfahrt, am nächsten Morgen wieder nachhause möchte. Wenn das mal funktioniert….
Aber wir fahren ja mit 2 Geländewagen.Und es funktioniert natürlich nicht…
Roxana hat noch Silke mitgebracht. Eine Mitarbeiterin, Deutsche, die schon seit geraumer Zeit in Sucre lebt.
Und Fritz ist abgesprungen.
Tolle, entspannte Fahrt nach Palmar. Alle sind gut drauf. Bestes Wetter und atemberaubende Kulisse. Palmar selber ist ein verschlafenes Nest ohne jede Infrastruktur für Besucher. Nach einer Wanderung durch die mit Palmen bestandenen Schluchten sind alle begeistert, aber auch etwas ernüchtert. Hier werden so schnell keine Pauschalis auftreten. Zu steil und zu anstrengend. Aber nach aufgebautem Zelt und einem Glas Rotwein ist aller Sch(w)eiss schnell vergessen. Nur die von Pio mitgebrachte Frau nervt. Sie will nach hause. Hätte sich die Schnepfe aber auch überlegen können, dass es von hier keinen Linienbus gibt.
Auch der nächste Tag ist wunderschön und Pio besorgt für den Abend einen Zeltplatz bei einem Campensino mit angrenzendem Wasserfall. Beim Lagerfeuer, umgeben von Rindern, Eseln und Hunden ist die Welt noch in Ordnung. Nur Schnepfe nervt immer mehr.
Wir wollen zur Schlucht der Kondore. Pio sagt 2 Stunden hoch, 1.5 zurück. Ich gucke hoch, gucke auf unsere untrainierte Truppe und denke: niemals!
Schnepfe, der Guide und Pio geben Gas, klar, sie will schnell weg. Roxana und Silke fallen immer mehr zurück. Ich habe beim Trekken gelernt, immer auf das schwächste Glied zu achten. Also gehen wir drei unser Tempo. Nur wissen wir irgendwann nicht mehr genau wohin. Niemand mehr in Sicht. Blöd.
Dann kommt Pio auf einmal zurück. Ich sage ihm, dass das nicht so gut wäre, Leute im Unklaren zu lassen, wo es denn herginge. Wie aus heiterem Himmel schreit er mich auf einmal an wie ein Geisteskranker. Erst denke ich, das ist ein Scherz. Aber weit gefehlt, der meint das wirklich ernst.
In Drohhaltung steht er, mit einem Stock fuchteld, sabbernd und schreiend vor mir. ´Was bist du für ein undankbarer Tourist, das ist so in Bolivien. Wenn die Frauen das nicht schaffen, ist das eben so……ihr Deutschen wisst immer alles besser…`
Ich mache ihn darauf aufmerksam, dass man sich in der ganzen Welt bei Trekkingtouren an dem schwächsten Glied orientiert. Ernte aber nur Zorn. Wutschnaubend zieht er von Dannen. Ich mache mit den Mädels unser Tempo und auch wir erreichen den Berggipfel. Allerdings erst nach 3 Stunden.
Muss aber in mich reingrinsen, als ich erfahre, dass sich noch kein Kondor hat blicken lassen.
Prompt sind wir angekommen, ziehen 3 der Fluggiganten an uns vorbei. Ok, auch nicht gerade in der Entfernung, dass es dunkel wird, aber immerhin.
Eigentlich wollte ich noch 2 Tage mit Pio in der Ecke bleiben, aber das Zusammensein mit Cholerikern verschiebe ich auf einen späteren Zeitpunkt und fahre mit den Mädels zurück nach Sucre.
Roxana möchte gerne, dass ich Fotos für ihre nächste Internetseite mache und lädt mich zu einer 5 tägigen Tour zu den Highlights Südboliviens ein. Scheiss was auf Schule, das klingt mal viel interessanter.
Mit von der Partie, ausser Roxana , sind Silke, Farid der Fahrer, und Manu, eine Reiseleiterin der Agentur, die noch nicht alle Ziele kennt und ihr Deutsch auffrischen soll.
Klar verschiebt sich alles mal wieder, aber in diesem Fall ein Glücksfall. Nach einer Woche bescheidenden Wetters fahren wir im Sonnenschein los und es soll so für die kommende Zeit bleiben.
Von Sucre geht es nach Potosi, bekannt für seine Silberminen, die schon die Spanier zu schätzen wussten. Und Roxana hat sich in den Kopf gesetzt noch eine vor der Weiterfahrt nach Uyuni zu besuchen.
Wer denkt, dass wäre wie der Besuch des Bergbaumuseums in Bochum, hat sich geirrt.
Erst müssen wir zu einem kleinen Kiosk und uns mit reichlich Kokablättern und fast reinem Alkohol eindecken. Nicht nur das die Jungs da unter Tage immer komplett strunkelig sind um das zu verkraften, man muss auch dem Berggott Tribut zollen. Steht auch auf strunkelig. Dann SICHERHEITSKLEIDUNG anlegen. Und ab in den Kaninchenbau. Anders kann man das nicht beschreiben. Klar, die Mineros sind alle so laufende Meter, aber für einen Mitteleuropäer eine Tortur. Hat so ein bisschen was von Indiana Jones. Überall Wasser, unheilvoll vor sich hin gammelde Holzständer, Götterstatuen mit Kippe im Gesicht und Kokablättern im Schoß bei einer Höhe von 1,4m. Nur das ich Gott sei Dank einen Helm auf habe und keinen Hut. Auch so habe ich am Ende der Tour Beulen am Kopf.
Ok, muss man mal gemacht haben. Aber auch Roxana streicht das aus ihrem Touristen Programm. Könnte zu Schlaganfällen und Herzinfakten bei den Studiosus Reisenden führen.
Wir ändern die Fahrsituation. Jetzt ist Farid Tourist und Juan, unser Fahrer in seinem netten Landcruiser 90. Es geht über den Salar de Uyuni, den mit über 10000qkm weltgrößten Salzsee, zur Insel Incahuasi.
Mitten im weißen Nichts ragt auf einmal eine Felseninsel auf. Und darauf wachsen meterhohe Kakteen mit einer Höhe bis 6m. Wenn man bedenkt, daß die nur einen cm im Jahr wachsen, sind die Burschen schon ganz schön alt. Wir übernachten in einem Salzhotel ( gebaut aus Salz), in dem man auf keinerlei Luxus verzichten muss und machen uns am nächsten Morgen auf zu den nächsten Highlights der Region. Die Bandbreite dessen, was man in dieser Region erkunden kann, ist fantastisch. Von Höhlen mit versteinerten Korallen, Höhlen mit Mumien, Geysiren, Vulkanen und Lagunen mit den extremsten Farben wird einem hier alles geboten. Immer wieder kreuzen Vicunas und Guanacos unseren Weg. Ab und zu hält Juan an, um das ein oder andere steckengebliebene Fahrzeug anderer mit unglaublichem Improvisationsvermögen wieder flott zu machen. Abends übernachten wir in unerwartet komfortablen Unterbringungen. Die Tage fliegen nur so dahin und schon bald ist alles schon wieder zuende und wir sind wieder in Potosi. Eigentlich will Roxana noch in eine andere Mine, aber da kriegen mich keine 5 Pferde mehr rein. Dafür haben wir ein letztes einzigartiges Erlebnis. Wir übernachten in der ältesten Finca Südamerikas.
Und der Besitzer , ein Bekannter von Roxana, läßt es sich nicht nehmen uns durch sein Hotelmuseum zu führen. Tief beeindruckt von den unglaublichen Exponaten sitzen wir noch bis tief in der Nacht bei dem ein oder anderem Glas Wein am prasselden Kaminfeuer zusammen und lauschen seinen Erzählungen aus der Geschichte dieses Anwesens.
Die Tage in Sucre sind für mich gezählt. Ich schraube noch ein wenig an Rosie, irgendwie macht sie wieder komische Geräusche, verbringe noch etwas Zeit mit meinen neuen Freunden Roxana und Silke, und mache mich auf den Weg gen Süden.
Tarija heißt mein Ziel auf dem Weg nach Argentinien. Hier befindet sich das Weinanbaugebiet Boliviens.
Ich unternehme einige Ausflüge in die landwirtschaftlich geprägte Umgebung und genieße die lebensfreudige Art der Einwohner. Hier spielt Essen und Trinken die größte Rolle und ich schließe mich gerne an. Mit einigen kulinarischen Spezialitäten kann ich mich allerdings nicht so wirklich anfreunden. So bekomme ich zum Beispiel einen Teller vorgesetzt, auf dem sich eine Art Hummer befinden, die jedoch die Größe haben, als würden sie in die Puppenstube gehören. Diese wie kleine Monsterinsekten aussehenden Dinger isst man dann auch im Ganzen. Na ja….
Ich entscheide mich für den Grenzübergang in Bermejo um nach Argentinien zu gelangen.
Die Fahrt startet bei Sonnenschein aber sobald ich in tiefere Gefilde komme und auf den Rio Bermejo treffe, wird es auf einmal tropisch und feucht. Bis zur Grenze geht es durch eine Schlucht im Baritu Nationalpark. Plötzlich fahre ich durch dichten Dschungel. Was für ein Gegensatz zur morgentlichen Landschaft.
Ich habe die Grenze noch nicht erreicht, da werde ich an einem Posten von Argentinischen Polizisten angehalten. Sehr jovial werde ich aufgefordert, mein Gepäck zum Röntgen in einen Raum zu bringen. Alles ist sehr entspannt und schnell erledigt und nach einer herzlichen Verabschiedung geht es weiter.
An der eigentlichen Grenze, nach Überquerung einer Friedensbrücke, werde ich von den Bolivianern in 3 Minuten ausgestempelt. Auch die Argentinier sind sehr zügig mit dem Abstempeln meines Passes und der Erteilung einer Einfuhrgenehmigung für Rosie. Dann aber die Frage, mit der ich hier nicht gerechnet hätte:
Wo ist die Versicherung für ihr Motorrad, ohne gibt es keine Einreise. Scheisse. Wollte ich in aller Ruhe in Salta erledigen und habe nicht gedacht, daß die einen erst gar nicht reinlassen. Ich reagiere sofort und verkaufe ihnen mein Carnet als Deutsche Versicherung. Kennen sie nicht und schieben das Papier von einem zum anderen. Alle versuchen verzweifelt, irgendwas zu entziffern. Ich verweise noch darauf, das Argentinien auf der Rückseite vermerkt ist. Nach 15 Minuten geben sie auf und lassen mich meines Weges ziehen.
Ziemlich durchnässt und durchgefroren komme ich abends in Salta an. Ich nehme das erst beste Hostel und will nur noch eine heisse Dusche. Für 20$ bekomme ich ein enges Zimmer mit angrenzendem Bad, in dem allerdings nichts funktioniert. Die rauschende Klospülung muß mit einem beherzten Griff in den Spülkasten gestoppt werden, will man nicht die Niagarafälle im Zimmer haben und den Duschkopf habe ich bei der ersten Berührung schon in der Hand. Egal, dann halt Indisch mit Eimer. Immerhin ist das Wasser heiß.
Frisch geeimert mach ich mich auf, ein Steakhaus zu finden. Und finde den Tempel. Was der Ober mir im Viejo Jack auf den Tisch stellt, ist ein Traum von einem Steak. 400g die aus dem Himmel kommen. Dafür lasse ich jedes Kobe Steak stehen. Da hilft auch kein Streicheln..Nach jedem Biss ein Frohlocken. .
Ich muss ein paar Pesos aus dem Automaten ziehen und ärgere mich schwarz. Zwar geben die an, sie würden auch Dollars ausspucken, aber das ist seit einiger Zeit tabu. Also muss ich mit dem Kurs von 1 zu 10 leben.
Am nächsten Tag mache ich mich dann auch sofort auf, die Schwarzmarkthändler ausfindig zu machen.
Und schon bald höre ich ein Flüstern: `Cambio?`.
Ein Typ mit dem Charme eines möchtegern Mafioso bietet mir 15 Pesos für den Dollar. Na geht doch. Das macht das Leben hier schon etwas günstiger. Denn sonst ist es fast teuerer als Deutschland.
Nach der konspirativ anmutendenTransaktion in der letzten Ecke eines schröggeligen Cafes, gehe ich erst einmal auf Erkundungstour.
Salta ist so ganz anders als Bolivien. Zwar architektonisch ähnlich durch die vielen wunderschönen Gebäude aus der spanischen Epoche, gibt es hier unzählige Cafes , in denen man draußen sitzt und das Leben beobachtet. Viele meist argentinische Touristen bevölkern die Straßen und Souveniershops und das Überangebot an Geschäften ist nach Sucre geradezu ein Schock.
Mir reicht das Stadtleben dann nach 2 Tagen auch wieder .
Ich möchte auf die Routa 40 treffen, um sie auf meiner Tour durch Argentinien einmal komplett zu fahren.
Die Routa 40 ist so etwas wie die argentinische Route66 , nur mit 5300km deutlich länger. Eine der längsten Fernstraßen der Welt. Also auf nach Cachi.
Nach gemütlichem Cruisen entlang wunderschöner Fincas, geht es auf Schotter weiter in die Berge.
Unzählige Serpentinen später habe ich den Pedra de Molina erreicht und überschaue eine grandiose Kulisse. Dann endlich der Abzweig auf die RN 40.
Cachi ist schnell erreicht und ich setze mich auf den kleinen Marktplatz und gönne mir einen kleinen Snack und ein Glas Wein. Ich sitze noch nicht lange, da kommt ein babyblaues Ford Coupe von 1947 angerollt und Martin, der Fahrer, spricht mich sofort an. Wir verabreden uns zum Abendessen und suchen uns erst einmal eine Bleibe. Ich entscheide mich fürs Campen auf den örtlichen Campingplatz und bin beeindruckt. Ein riesiges Areal mit vielen Bäumen und sauberen sanitären Anlagen ganz für mich allein. Am frühen Abend kommt der Wärter, kassiert die unglaublichen 1,5$ und stellt für mich die Wassertherme an, damit ich heiß duschen kann. Super..
Martin ist Schweizer, lebt aber seit 16 Jahren in Buenos Aires und will mit seinem Ford auch Richtung Patagonien. Also beschließen wir, bis Mendoza gemeinsam zu fahren.
Wenn man schon in einer weltberühmten Weingegend ist, muss man auch mal testen. So folgen wir dem Abzweig von der RN 40 zur Estancia Colome. Auf abenteuerlicher Piste geht es 20km bis zu diesem beeindruckenden Weingut einer schweizer Familie. Uns erwartet köstliches Essen mit köstlichem Wein, besonders wegen der Höhenlage des Anbaugebietes. Ich halte mich etwas zurück, denn es folgen noch 250km Schotter bis Cafayate.
Und das war auch besser so, denn was jetzt folgt ist zwar landschaftlich eine der schönsten Strecken, die ich je gefahren bin, aber auch fahrerisch anstrengend. Das Valle Calchaquies . Die Landschaft ist wie von einem anderen Planeten. Die verrücktesten Felsformationen in den unterschiedlichsten Farben wechseln sich ab. Aber auch immer wieder weiche Sandpassagen und tiefer Schotter auf der Piste. So kann ich die Augen nicht völlig schweifen lassen, sondern muss mich konzentrieren.
Völlig euphorisch kommen wir in dem wunderschönen Ort Cafayate an und beenden den Abend mit einem 11% craftbeer, uups..
Etwas verkatert machen wir uns auf den Weg zu den Ruinas de los Quilmes, einer präkolumbischen Anlage aus der Zeit von AD800. Unglaublich anzusehen, wie die Leute damals schon in der Lage waren, riesige Steinquader den Berg hoch zu schaffen.
Nach einer Nacht im nicht beeindruckenden Belen soll es heute nach Villa Union gehen. Allerdings haben wir eine Schweizer Familie ( unglaublich viele Schweizer überall) getroffen, die berichteten, daß die Passstraße Cuesta de Miranda wegen Bauarbeiten nicht zu befahren sei. Wir haben aber keinen Bock auf einen Umweg von 200km und gehen das Risiko ein. Bein Erreichen der Baustellencontainer fragt Martin mal nach und erhält die Auskunft, daß wir so gegen 18 Uhr, nachdem die meisten Baustellenfahrzeuge weg sind, passieren dürfen. Also 3 Stunden Zeit totschlagen. Wir reinigen die Luftfilter, wechseln die Batterie am Ford und erledigen noch einige andere Wartungsarbeiten, bevor wir im Konvoi durch die Restbauarbeiten geschleust werden. Der schon fertiggestellte Teil der Straße ist ein Traum. Nagelneue Kurvenstraße durch super Bergkulisse bei abendlichem Sonnenlicht..
Villa Union ist mehr der Ausgangspunkt zu einem Besuch des Parque Nacional Talampaya als ein beschaulicher Ort. Also Essen,Schlafen, Tschüß.
Den Besuch des Parks ersparen wir uns auch. Man muss in einen Bus umsteigen und als ich die Touristengruppen sehe, habe ich keine Lust mehr.
Dafür dann der Parque Natural Provincial Ischigualasto. Hier geht es dann mit dem eigenen Fahrzeug. Ich lasse Rosie stehen und spiele Beifahrer im Ford. Und bin nach 3 Stunden beeindruckt, wie robust dieses wunderschöne alte Auto doch ist. Der Park ist es allemal wert diese Zeit zu investieren. Hat was von klein Monument Valley. Durch Erosion verursachte Steinformationen, wie man sie aus alten Western kennt.
Und das Farbenspiel der Felsen ist mal wieder von einer anderen Welt.
Wir stoppen in San Juan. Von hier aus ist es nicht mehr weit nach Mendoza.
Ich fahre direkt auf der RN 40 nach Mendoza, will ich doch den eigentümlichen Geräuschen von Rosie auf die Spur kommen. Martin schließt sich derweil einer Oldtimer Ralley an, die auf einem Umweg durch die Berge die Weinstadt erreichen will. Aber wir werden uns in Mendoza sicher treffen.

Viva Chile

Mann, das war einer der härtesten Oxentouren, die ich jemals gemacht habe. Da sitze ich doch lieber bei 50 Grad in der Wüste auf meinem Moped. Erst mit dem Flieger von Düsseldorf nach Frankfurt, 2 Stunden warten. Dann von Frankfurt nach Santo Domingo. Durch die Immigration, warum auch immer. Feststellen, daß sie mir auf dem Weg die kleine Kamera aus meinem aufgegebenen Gepäck geklaut haben, Bordkarten für die Weiterflüge holen, 4 Stunden warten. Flug nach Panama. Wieder 3 Stunden warten. Und noch mal 7 Stunden Flug nach Santiago.
Eigentlich sollte mich ein Taxi abholen, aber ich warte vergeblich und renne immer wieder an den Namensschildern der Abholer vorbei. Klar , Murphys law, Handy ist leer und genau darauf habe ich die Adresse meines Hostals. Erinnere mich gerade noch an den Namen und den Stadtteil. Kennt aber keine Sau. Aber mein sehr geduldiger älterer Taxifahrer bekommt das hin und nach nur 33 Stunden bin ich endlich da.
Ich bringe meine Klamotten ins Zimmer und begebe mich in die öffentliche Küche. Und schon ist der Stress der vergangenen Stunden vergessen. 3 andere Biker versorgen mich gleich mit Wein, Bier und guten Geschichten. Ich bin im Hostal Casa Matte, einem von Cristian ( völliger XT Freak) geführten Biker
Guesthouse.
Ich wache um 8 Uhr auf bin etwas irritiert. Es ist stockdunkel. Habe ich denn 24 Stunden geschlafen?
Aber dann wird es doch heller und ich mache mich auf, das Büro meines Verschiffers zu besuchen.
Ich gehe die 5km zu Fuss, muss meine Beine vertreten nach der ganzen Sitzerei im Flieger. Und verlaufe mich prompt. Mein mitgebrachtes GPS ist natürlich leer und auch keine Hilfe. Aber irgenwann bin ich dann doch am richtigen Ort und bekomme von meinem Agenten mitgeteilt, daß meine originale Bill of Lading nicht da sei. Ohne dieses Papier bekomme ich Rosie, die am nächsten Tag in Valparaiso ankommen soll, nicht aus dem Zoll. Ich solle ihn am nächsten Tag anrufen, sagt er lapidar. Bei mir kommt allerdings etwas Panik auf. Erst verlieren sie in Australien mein Carnet und nun das.
Trotz allem genieße ich den Rückweg durch das quirlige Santiago und spüle am Abend in der Küche meinen Frust mit einigen Bier in guter Gesellschaft weg.
Dann die gute Nachricht. Das wichtige Dokument ist aufgetaucht und auf dem Weg ins Office nach Valparaiso. Also auch Zeit für mich, den Bus zu nehmen. Also ab ins Taxi zum Busbahnhof. Doch wir kommen nicht weit und stehen schon nach kürzester Zeit in einem massiven Stau. Die Studenten haben zum grossen Streik aufgerufen und alle großen Strassen sind gesperrt. Der Taxifahrer ist ziemlich angefressen, hat er mir doch einen guten Festpreis gegeben, den er mit all den Umwegen natürlich nicht halten kann. Fluchend wie ein Rohrspatz erreicht er nach 2 Stunden endlich unser Ziel.
Ich finde sofort einen passenden Bus und bin nach 2 weiteren Stunden in Valparaiso und nach einer kurzen Taxifahrt in meiner Herberge, der Villa Kunterbunt.
Martina und Enzo, meine beiden Gastgeber, sind darauf spezialisiert, Motorradfahrern bei der Verschiffung und Verzollung zu helfen und beherbergen ihre Klienten auch noch in ihrem netten, alten Holzhaus. Ich fühle mich sogleich heimisch.
Nachdem wir alle Papiere zusammen haben, ist es dann endlich soweit. Der Gabelstapler bringt eine große Kiste mit BMW Beschriftung. Ich habe sie wieder!!!!! Eine Stunde schraube ich Rosie zusammen und dann kann ich sie nach so langer Zeit wieder fahren. Dachte ich zumindest, den, klar, sie springt nicht an. Auch anschieben bringt nichts. Erst ein hilfsbereiter LKW Fahrer rettet uns mit seinem Starthilfekabel. Danach genieße ich nur noch die 20km Fahrt zur Villa Kunterbunt.
Die nächsten Tage verbringe ich mit kleineren Reparaturen an Rosie, Ausflügen in die Stadt und dem Gucken der abendlichen Fussballspiele der Copa Amerika. Ich könnte länger hier bleiben, fühle ich mich doch schon fast wie ein Familienmitglied, aber mich zieht es weiter gen Norden.
Ein kleiner bitterer Beigeschmack bleibt. Trotzdem ich schon im Vorfeld ein kleines Vermögen für die anfallenden Hafenkosten hier vor Ort gezahlt habe, kommt noch mal eine heftige Rechnung. Also täglicher Schriftverkehr mit meinen Agenten in Sydney. Nicht erfreulich, denn ich will mein Geld zurück.
Nette Küstenstraße und dann Highway No 5 nach La Serena. Recht langweilige 450km. Eigentlich wollte ich in La Serena bleiben, aber irgendwie zu groß, voll und…neeee.
Ist zwar schon spät, aber ich nehme den Abzweig ins Vall de Elqui nach Vicuna. Klar, finde nicht das ausgewähle Hostal und nehme notgedrungen das, was ich finde. 30€ ist schon ein Wort für ein spartanisches Zimmer mit noch nicht einmal durchgehend heißer Dusche. Aber die Atmosphäre ist nett.
Und noch wichtiger: Rosie hat einen sicheren Stellplatz.
Ich verbringe den Abend im Social Club der Stadt, einem recht noblen Restaurant mit Pisco und Fussball.
Heute ist wandern angesagt. Und das mit einem guten Ziel. Eine Mikrobrauerei ca. 16 km entfernt.
Das spornt an und lohnt sich auch am Ende. Super Bier und nette Leute. Nach vier Halben habe ich keine lust mehr zu latschen und strecke einfach mal den Daumen aus. Sofort hält jemand und gibt mir einen Lift zurück. Echt nette Leute hier.
Ich will weiter nach Pisco Elqui. Sind gerade mal 60km von Vicunia, also schnell erledigt. Trotzdem geniesse ich jede Sekunde der Fahrt durch das wundervolle Tal.
Ich lande im El Tesoro de Elqui durch puren Zufall und stelle fest, daß dieses super nette Hostal von zwei Deutschen Freundinnen geführt wird. Und Inas Mann Klaus vermietet auch noch KTMs und organisiert geführte Motorradtouren. Also ist für genug Gesprächsstoff gesorgt. Ich fühle mich sofort wie Zuhause und finde noch zusätzlichen Anschluss. Greg, ein Australier, und seine Schweizer Freundin Regina beschließen eine der KTMs auszuleihen und ich schliesse mich zu einer 320km Ausfahrt auf Schotterpisten durch die umliegenden Berge an.
Wir brechen nicht zu früh auf, denn die Sonne braucht morgens ihre Zeit, um die eisige Kälte zu vertreiben. Ich denke schon mit Grauen an die Temperaturen auf dem Altiplano bei 4000m Höhe. Hier haben wir gerade mal 2000m.
Wir schrauben uns einen Pass hoch und sind überwältigt von der Kulisse hier. Es geht hoch und runter durch unberührte Landschaft. Und als dann irgendwann doch ein kleiner Ort auftaucht, finden wir sogar zur richtigen Zeit ein kleines Restaurant.
Irgendwie vergessen wir die Zeit und stehen am späten Nachmittag vor einer sehr schlechten Piste. Und sie wird immer enger, steiniger und steiler. Das in der Dunkelheit wäre der schiere Alptraum. Also drehen wir nach 20 km um und entscheiden uns zu einem Umweg über La Serena zurück, allerdings auf Asphalt.
Völlig geschlaucht, aber glücklich erreichen wir unser Hostal und gönnen uns erst einmal ein Fläschchen Wein. Die beiden werden wahrscheinlich Probleme haben, die nächsten Tage zu sitzen. Der Sitz auf der KTM ist mehr wie ein Brett.
Ich verbringe noch ein paar Tage mit dem Schreiben von Berichten, netten Gesprächen mit Christin, Ina und Klaus und einigen Exkursionen mit Rosie.
Dann fragt Klaus, ob ich nicht Siggi kennenlernen möchte. Siggi ein Bayer, lebt schon seit langem völlig abgeschieden und ist ein wahrer selfmade man. Klar, und verrückt auf Motorradfahren ist er natürlich auch.
Nach 1 stündiger Fahrt auf zum Teil haarsträubender Piste stehen wir vor seinem großen Haus, natürlich alles selbst gebaut. Und dann kommt eine 570ger Husaberg um die Ecke geschossen. Der Mann ist 62, stark wie ein Bulle und fährt wie ein Berserker. Aber ein absolut super Typ. Nach vielen Gesprächen, Tees und Spagetti s wird es Zeit für uns aufzubrechen. Klaus möchte gerne mal auf Rosie Fahren und ich habe nichts gegen eine 690ger KTM. Mann, was ein Unterschied. Ich merke überhaupt nicht, daß ich über Schotter und Sand fahre.
Es wird Zeit, weiter zu ziehen. Greg und Regina sind schon auf dem Weg nach Caldera und ich möchte an die Küste, nach Punta de Choros.
Eintönige Fahrt auf der Ruta 5 , dann noch einmal 40km Piste bis zum Memo Ruz, meinem Camping Platz. Es ist kalt, feucht und windig, aber egal. Heute abend schaue ich mir erst einmal das Halbfinale in der Copa America mit chilenischer Beteiligung an. Laut Aussage meiner Herbergsfrau soll es in allen 3 Restaurants vor Ort gezeigt werden. Ich mach mich zeitig auf den Weg und muss feststellen, daß alle Restaurants geschlossen sind. Irgendwann komme ich an einem hell erleuchteten Haus mit großer Veranda vorbei, auf der die Männer gerade den Grill anschmeißen und die Frauen auf einen großen Flatscreen schauen. Es handelt sich wohl um eine Familienfeier mit Freunden und Fussball. Was solls, ich frage einfach, ob ich mitgucken kann und werde sofort herzlich eingeladen. Mir wird sofort ein Glas Wein und ein Pisco vor die Nase gestellt und bis zum Ende des Abends sofort immer wieder aufgefüllt, sobald es halb geleert ist. Ich lerne fast das ganze Dorf kennen, wir feiern den Sieg der Chilenischen Jungs und nachdem auch noch der ein oder andere Joint kreist, wird es zu später Stunde Zeit für mich , den Heimweg anzutreten. Aber das gestaltet sich gar nicht so einfach. Ohne Taschenlampe ( vergessen ) und ziemlich benebelt brauche ich 1 Stunde, um mein Zelt zu finden. Das sieht auch alles so gleich aus hier…;))
Eigentlich wollte ich von hier ein Boot zu der Isla Damas nehmen, einer Nationalpark Insel auf der man Pinguine und Seelöwen sehen kann. Aber einer der Fischer sagte schon am Abend, daß das Meer wohl unruhig werden würde. Und so kommt es. 4m hohe Wellen lassen das Auslaufen nicht zu. So muss ich mit dem Beobachten von ein paar Seeottern und Pelikanen an meinem Strand vorlieb nehmen. Auch nicht so schlecht.
Ich habe einen langen Tag vor mir, denn ich möchte heute bis in den Nationalpark Pan de Azucar.
Um 17 Uhr habe ich die 500km bis Chanaral geschafft. Dieser kleine Ort und die gesamte Umgebung sind vor 2 Jahren der Schauplatz einer Katastrophe geworden. Nach ungewöhnlich starken Regenfällen in den angrenzenden Bergen sind riesige Schlammlawinen durch das Örtchen geströmt und haben alles unter sich begrabe. Gott sei Dank am Tag, sodaß sich die meisten Bewohner retten konnten. Trotzdem gab es etliche Tote und die Aufräumarbeiten dauern bis heute. Deshalb verpasse ich auch die Einfahrt in den Park. Da mein Navi aber noch einen nördlichen Eingang ausweist, fahre ich einfach weiter.
Dann die Ernüchterung, die Einfahrt ist gesperrt. Aber ich umfahre einfach die Barriere und mach mich auf den Weg zu dem wohl offenen Campingplatz. Die Piste ist die Hölle. Auch hier überall die Spuren der Schlammlawinen. Nach 20 km dann eine Kreuzung und die Gewissheit: von hier aus geht nichts mehr. Meterhohe Geröllberge verhindern die Weiterfahrt. Und zum Umkehren ist es zu spät. Also schlage ich einfach mein Zelt auf und geniesse die wunderbare Einsamkeit inmitten der Natur. In der Dämmerung ziehen Vicunas an mir vorbei, ich beobachte eine Schlange, die sich ins Gebüsch flüchtet und dann den unbeschreiblichen Sternenhimmel. Aber dann so alleine im Zelt reagiere ich doch auf jedes Geräusch. Immerhin soll es hier auch Pumas geben…..
Wieder mal eine Ochsentour. 640km bis San Pedro de Atacama. Am Anfang lange Baustellen, immer
noch wegen der Lawinen, dann recht langweilige Fahrt bis Calama. Nach dem Abzweig nach San Pedro wird die Landschaft endlich toll. Ein kurzer Abstecher zum Valle de la luna, wirklich anmutend, als sei man auf dem Mond, und ich habe es geschafft. Ich bin es aber auch. Also hostal oder Campingplatz suchen. Alles ist unbeschreiblich teuer hier. Klar, der Touriort schlechthin hier im Norden. Ich bleibe nur kurz stehen, da kommt mir ein Typ mit seine Freundin entgegen und bestaunt Rosie. Auf einmal fragt er mich, ob ich ein Zimmer brauche und deutet mir an , mitzukommen. Und schon kurze Zeit später halte ich den Schlüssel für ein spottbilliges ( für hier) Zimmer mit eigenem Bad und heißem Wasser in meinen Händen.
Nach genußvoller Dusche will ich mir dafür an der Plaza ein Bier gönnen…. und laufe Greg und Regina in die Arme. Darauf stoßen wir an.
Aber damit nicht genug. Am nächsten Tag treffe ich auch noch 2 Biker aus dem Hostal in Santiago wieder. So sehen und feiern wir den chilenischen Sieg gegen Argentinien dann halt zu fünft.
Die Tage vergehen mit dem Erkunden der traumhaften Umgebung, einigen Wartungsarbeiten an Rosie, dem Lesen von 2 Büchern und ein bisschen Feiern wie im Flug.
Dann Aufbruch nach Bolivien. Zurück nach Calama und dann Richtung Ollague. Erst wunderbare Straße, dann Piste. Aber egal, die Landschaft wird nach jeder Kurve beindruckender. Vicunas laufen über die Piste, Flamingos stehen im Salar de Ascotan, schneebedeckte Berge und dunkelblauer Himmel. Ein Traum, wäre da nicht die beschi….Piste, die, nach einem kurzen neuen Asphaltstück die volle Konzentration erfordert.
Ollague ist ein kleines Kaff mit Bahnhof, in dem man nicht lange verweilen möchte. Aber ich finde ein nettes Hostal mit warmen Wasser und beschließe lieber hier zu bleiben, als in 3800m Höhe bei minus 10 Grad mein Zelt in der Pampa aufzuschlagen. Hatte eigentlich gar nicht damit gerechnet, daß es hier so etwas gibt.
Grenzformalitäten sind nie wirklich eine nette Art, den Tag anzugehen. Schon gar nicht, wenn man bei knapp über null Grad in einer 50 Meter langen Schlange vor einem Container des Mannes stehen muss, der den alles entscheidenen Stempel für die Einreise nach Bolivien hat. Auf Chilenischer Seite alles schnell erledigt, aber dann Murphys law. 2 Bussladungen kommen genau zu dem Zeitpunkt, an dem ich an der Bolivianischen Seite erscheine. Also warten und frieren. Dafür bekomme ich anstatt der normalen 90 Tage auch nur 30 Aufenthalt. Super, keine Ahnung warum. Dann Zoll. Schnell erledigt. Rosie bekommt die 90 Tage….
Alle haben behauptet, in Bolivien würden die Pisten noch schlechter. Ich würde sagen, es bleibt gleich beschissen. Aber die Landschaft bleibt dafür auch weiterhin grandios.
Ulyuni ist ein staubiges, kaltes …Nest, voll mit jungen Backpackers, die sich den Welt grössten Salzsee anschauen wollen. Ich komme mir vor wie auf der Kao San Road auf 4000m. Klar, klauen sie mir auch noch meine letzte Sonnenbrille, schon die dritte in Südamerika.
Dafür treffe ich Chris, einen Pizzabäcker aus Boston, der sich entschieden hat, hier sein Leben zu fristen und esse die beste Pizza, die ich je hatte.
Ich mach mich am nächsten Tag mit Rosie auf zum Salar. Wie auf einer Autobahn fährt hier ein Landcruiser mit Touris durch den Salzsee.
Ich nehme meine eigene Route, Platz ist genug, und genieße die Unendlichkeit dieser riesigen, weissen
Ebene.
Aber morgen muss ich hier weg!!!