Land des Lächelns

Ein neues Jahr und allen das Beste. Mit dem Blog hinke ich wieder einmal etwas hinterher, aber nach den unsäglichen Strapazen der indischen und thailändischen Bürokratie habe ich mir eine Auszeit verdient. Ok, ist etwas lang geworden.

Meine Verschiffung aus Indien hatte ich mir etwas einfacher vorgestellt. Letztendlich frage ich mich, warum ich mir überhaupt eine Agentur genommen habe. Die ersten drei Tage in Cochin habe ich nur damit verbracht, eine Genehmigung zu erlangen, mein Motorrad selbst in den Hafen fahren zu dürfen. Denn eigentlich reise ich damit ja aus dem Land aus. Meine indischen Agenten, liebenswert, mitfühlend und planlos, verfolgten das ganze Prozedere mit dem typischen indischen Kopfnicken. Ich weiss bis heute nicht, was das bedeutet, aber sei es wie es ist. Meine Anwesenheit, die ich eigentlich vermeiden wollte , war beim Zoll unbedingt erforderlich. Erst beim Anblick meines schlechtlaunigen Ausdrucks gab es die notwendigen Stempel. Bei den Indern wieder nur Kopfnicken. In Gedanken sah ich sie schon auf der Ablage meines Autos als geschrumpfte Wackeldackel.
Irgendwann ist es dann soweit , alle Unterlagen und Stempel sind an der richtigen Stelle und ein schmalbrüstiger Schreiner versucht aus auf der Strasse gefundenen Holzresten eine Kiste um Rosie zu zimmern. Eigentlich will ich da nichts mehr von wissen und übergebe sie ihren Schicksal.
Wundert mich nur, dass sie mir nicht mit dem Vorderrad hinterher nickt…die Inder tun es.
Ich fahre zurück nach Bangalore in meine WG. Dann die nächste schlechte Nachricht. Der Container geht nicht wie geplant direkt nach Bangkok, sondern erst einmal nach Singapur. Habe ich also noch Zeit, denn was soll ich ohne Rosie in der Stadt der Engel. So buche ich einen Nachtbus nach Goa und besuche meine baskische Lieblingsfamilie, die es nach Amritsar und Manali über Nepal nach Agonda geschafft hat. Die Wiedersehensfreude ist riesig, wir verbringen eine feucht- fröhliche Zeit an einem der schönsten Strände Indiens. Zurück in Bangalore lädt mich Venkatesh zusammen mit seinem Kumpel Unger zu einer 1000km Tour auf Royal Enfields in den Dschungel von Karnataka ein. Wieder der Versuch, Tiger zu sehen, wieder einmal ohne Erfolg. Dafür Wildhunde, vom Aussterben bedroht und selten zu beobachten. Doch noch ein happy end. Trotzdem fällt mir der Abschied von `meiner indischen Familie´ extrem schwer. Snea, Dhanya, Venkat
esh, Coffee ( der Rottweiler) und ich hatten eine grandiose Zeit. Danke für diese Freundschaft.
So besteige ich mit einem lachenden und eine tränenden Auge den Flieger nach Bangkok, gespannt darauf, wie es Rosie auf hoher See ergangen ist.
Das von mir im Vorfeld gebuchte Guesthouse erweist sich als eine Bretterbude die nur über provisorische Holzstege zu erreichen ist. Lage direkt am Fluss und Freundlichkeit des Personals aber entschädigen. So bleibe ich, habe schliesslich schon andere Löcher bewohnt.
Die nächsten Tage stehen im Zeichen der ´Rosie aus dem Zoll Befreiung`. Meine indische Agentur hatte mir einen Agenten in Bangkok genannt, der sich meiner annehmen sollte. Der aber weigert sich kurzerhand. Damit habe er keine Erfahrung, ich solle mir doch jemand anderen suchen. Super. Ich kenne auch so viele ANDERE. Problem Nummer eins ist die Sprachbarriere. Die wirklich nette ältere Lady beim Zoll würde ja gerne, aber versteht mich nun mal nicht. So organisiere ich einen Dolmetscher und innerhalb eines Tages habe ich meine temporäre Einfuhrgenehmigung und das sogar für 3 Monate mit Option der Verlängerung auf insgesamt 6. Dann stehe ich endlich vor Rosie, immer noch in ihrem indischen Holzgewand. Die Thais lachen sich tot über soviel Schreinerhandwerk. Egal. Rosie hat alles unbeschadet überstanden und springt, nachdem ich sie aus ihren Sagrophag befreit habe, ohne Murren an, froh, endlich in die Freiheit zu entschwinden.
Das Entschwinden ist aber mehr ein Stop and Go durch Bangkoks Rushour. Beide völlig überhitzt erreichen wir die Werkstatt von Yut, dem besten BMW Mechaniker Bangkoks( wenn nicht Thailands). Rosie soll ein richtiges Facelift bekommen. Neue Pulverbeschichtung, Steuerkette, Pleuellager und noch so einige andere Dinge. Und Yut kann das!!
Irgendwann ist es dann soweit und ich stehe vor einer fast taufrischen Rosie. Ganz in Weiss( ich konnte das Bayern Blau nicht mehr sehen) und mit jungfräulicher Technik kann das Abenteuer Thailand endlich beginnen.
Während meiner Wartephase habe ich viele nette Menschen kennengelernt, unter anderem auch Ursula.
Sie möchte eine Motorradtour durch Nordthailand machen, hat auch schon in Chang Mai eine Honda gemietet, wäre aber froh, nicht allein fahren zu müssen. Neues Land, wenig Motorrad Erfahrung. Also nehme ich sie unter meine Fittiche und wir verabreden uns im Riders Corner, einer Bikerkneipe, in besagtem Chang Mai. Sie fliegt, ich fahre natürlich.
Gute 2 Stunden brauche ich allein um aus Bangkok herauszukommen. Ein Alptraum. Überall wird gebaut. Ein einziger grosser Stau. Dann eintönige Fahrt gen Norden auf der N1. Rosie schlägt sich besser als ich. Irgendwann beschliesse ich einen Nachtstop einzulegen. Aber anstatt eines Hotels finde ich nur Anlagen mit vielen kleinen Holzhütten, deren rote Lichter eher auf einen Puff hindeuten.
Die Müdigkeit siegt, ich lehne die Begleitung ab und beziehe für 8 € ein sauberes Zimmer. Nur das rote Licht nervt…
Ursula und ich beschliessen, den Mae Hong Son Loop zu fahren, eine Rundstrecke Im Nordosten, die nah an die burmesische Grenze führt. Legendär bei Motorradfahrern durch seine 1864 Kurven.
Das erste Ziel heisst Pai, ein ehemals ruhiges Marktnest der hier siedelnden Shan. Heute ist Pai ein bevorzugter Platz von Backpackern und thailändischen Touristen, wurden hier doch 2 Schnulzfilme gedreht und so gilt Pai heute als Platz der Liebe für alle Schnulzenfans.
Die Fahrt dorthin könnte schön sein, wären da nicht die unzähligen Touribusse, die sich um die unzähligen Kurven schlängeln.
Auf den Strassen von Pai geht es ab wie auf dem Basar, nicht ganz so schlimm wie Khao San Road in Bangkok, aber viel fehlt nicht mehr. Die Umgebung aber ist wunderschön.
Danach, auf der Strecke nach Mae Hong Son, wird es merklich ruhiger. Nur wenige Pauschaltouristen verirren sich in diese Region. Das Cruisen macht unsagbar viel Spass, die vielen Kurven auf bestem Geläuf tun ihr übriges, um mir das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht zu nehmen.
Mae Hong Son ist ein beschaulicher kleiner Ort mit einem netten Wat ( Tempel) und einem angrenzenden See. Wir haben Glück und es ist Nachtmarkt. Ein Panoptikum an Ständen bietet alles feil, was man sich vorstellen kann. Wir schlagen uns den Magen mit undefinierbaren Grillwaren voll, von denen ich gar nicht wissen möchte, aus welchem Körperteil geschweige denn von welchem Tier sie kommen. Dazu spielt eine um Spenden bittende Schülergruppe um die 7 Lebensjahre wie die Duracellhässchen immer wieder Zombie von den Cranberries. Absurder kann es nicht werden…
Von Mae Hong Son kann man einen Abstecher in eins der Langhals- oder Padaungdörfer machen. Dieses eigentlich aus Myanmar kommende Karenvolk ist zu einer der Touristenattraktionen in manchen Ecken Thailands verkommen. Wir müssen einige Zeit schlechte Piste auf uns nehmen, um zu einem der abseits des Touritrails gelegenen Dörfer zu kommen. Klar, auch hier will man Textilien und Schmuck verkaufen, aber Farangs ( Langnasen, Bezeichnung für uns Bleichgesichter) sehen wir keine. Schon mit ca. 5 Jahren bekommen die kleinen Mädchen ihre erste Halsspirale angelegt. Irgendwann kann das ganze Ding bis zu 30cm hoch werden. Na ja, wer es mag….
Wieder traumhafte Fahrt hoch in die Berge. Ziel ist ein Wasserfall, der sich aber eher als Lachnummer herausstellt. Abgesehen von dem Rinnsal ist die Tour aber atemberaubend. Wildblumenfelder und Almen lassen an die Alpen denken, wären da nicht die Bambushütten und vor allem die Wasserbüffel, die mit ihren riesigen Haufen immer wieder für Adrenalinschübe in den glitschigen Kurven sorgen.
Mae Sariang, so gar nicht auf der Liste der meisten Reisenden, hat wirklich Charme. Nette günstige Guesthouses, klar, der obligatorische Markt mit neuen nicht unbedingt immer vertrauenserweckenden kulinarischen Köstlichkeiten und ein kühles Blondes mit einem tollen Blick auf den Fluss und das idyllische Hinterland.
Wir entscheiden uns für den ausgedehnteren Mae Hong Son Loop und fahren weiter nach Mae Sot. Denn Weihnachten ist nicht mehr weit und Sukhothai könnte ein netter Ort sein, um auf den alten Jesus anzustossen.
Nach Mae Sariang wird die Strasse ziemlich mies, Schlaglöcher un masse. Aber schon wird eifrig gebaut. Die Thais sind schon ein emsiges Völkchen. Sollten die Inder sich mal eine Scheibe von abschneiden.
Mae Sot hat, bis auf einen Schweizer mit einem unglaublichen Mitteilungsbedürfnis, odrrrr, nicht viel zu bieten und wir sind froh, schnell nach Sukhothai abhauen zu können.
Sukhothai war mal ein altes Königreich und hat heute noch so allerhand alte Steine zu bieten. So machen wir erst einmal eine grosse Besichtigungstour und zollen den alten Pagoden unseren Respekt.
Heilig Abend verbringen wir mit Bier und Wodka, Chips und Keksen. Nicht gerade das klassische Weihnachtsessen, aber Hauptsache Spass!
Zurück in Chang Mai werden schon die nächsten Pläne geschmiedet. Ich will meine australischen Freunde Karin und Kim besuchen, die sich für 2 Wochen in Krabi aufhalten. Eigentlich wollte ich mit dem Bike runterfahren. Da mir der Norden aber so gut gefällt und ich mit Ursula noch den Golden Triangle und den Nan Loop fahren möchte, stelle ich Rosie im Hollanda Montri Guesthouse bei dem freundlichen Holländer Lucas unter und fliege. Ursula hat Liebeskummer und möchte Sylvester nicht allein verbringen. Also pack ich sie kurzerhand auch noch ein und nach ein paar Stunden stehen wir einen Tag vor Sylvester am Flughafen von Krabi. Die beiden wohnen ausserhalb in einem Resort und leider weiss kein Taxifahrer, wo sich das Dorf mit dem lustigen Namen Din Daeng Noi den nun befindet. So verbringen wir noch einmal geschlagene 2 Stunden mit der Suche und kommen völlig entnervt in der Dunkelheit an. Dann grosse Wiedersehensfeier…..
Am nächsten Tag organisieren wir uns 2 Scooter, denn ganz ohne Mopeds geht es einfach nicht. So sind wir in unserer schönen Eremitage( das Frog and Catfish ist wirklich ein Traum ) zumindest etwas unabhängig. Sylvester bleiben wir im Hotel und feiern mit den Besitzern Gary und Bua und den anderen wenigen Gästen. Nur Kim ist leider nicht so wirklich mit von der Partie, hat sie sich doch schon am 3. Tag den Magen verdorben. Guter Start würde ich sagen. Und das Pech ist auch weiterhin auf ihrer Seite.
Wir fahren zum Ao Nang Beach. Grosser Fehler. Nicht nur weil der Ballermann dagegen ein Kurort ist, sondern weil Kim, beim Versuch den Scooter zu wenden, ins Schleudern kommt und gegen einen nagelneuen Pickup knallt. Ihr ist Gott sei Dank bis auf ein paar Blutergüsse nichts passiert. Aber die Delle im Auto will bezahlt werden. Nach langem Feilschen einigt man sich auf 250€. Teuere Miete, arme Kim. Sie steckt das mit einem Schulterzucken weg und sitzt am nächsten Tag wieder auf dem Bike. Das Umland zu erkunden mach Spass und entschädigt für den Trubel und Stress am Vorabend.
Gary empfiehlt uns eine Kanutour durch die Mangroven. Also werden wir am folgenden Tag abgeholt und paddeln kurze Zeit später in zweier Kanus durchs offene Meer auf die Felsformationen an der Küste zu. Ganz nett, wenn wir alleine wären. Aber mit uns paddeln um die 30 anderen Boote. In den schmalen Kanälen durch den Mangrovenwald geht es zu wie in der Rushhour in Bangkok. Erschwerend kommt hinzu, das die wenigsten ihre Kanus wirklich beherrschen. Immer wieder bleiben sie in den Luftwurzeln hängen oder rammen uns. Ein Alptraum, braucht kein Mensch.
Die Mädels wollen noch nach Ko Lanta, haben auch da schon eine Unterkunft gebucht. Wir entschliessen uns, noch für einen Tag mitzukommen und zumindest etwas Strand zu geniessen. Die Fähre ist wieder einmal kein Spass. Komplett überfüllt.
Die Anlage aber ganz nett, das Essen dank des französischen Besitzers ausgezeichnet und der Strand wie im Bilderbuch.
Noch eine letzte gemeinsame Feier und dann am nächsten Tag mit dem Taxi zum Krabi Airport.
Die Bikes sind noch so, wie wir sie verlassen haben und nach einem Detox Tag geht es wieder mal auf herrlichen Strassen in den Norden nach Tha Ton. Unser Ziel ist der nördlichste Punkt Thailands und dann das Gebiet um Nan.
Tha Ton ist ein nettes verschlafenes Dörfchen an einem idyllischen Fluss. Es gibt einen schönen Wat auf dem Berg mit einem spektakulären Ausblick auf das gesamte Umland.
Der Ritt nach Mae Sai gestaltet sich etwas kompliziert, dank meines in die Jahre gekommenen GPS. Wir wollen über Mae Salong fahren und verpassen natürlich die Abzweigung. Also zurück. Dann eine winzige Strasse hoch. Endlich angekommen erst einmal Mittag essen. Drei Wandermönche kommen in die Garküche, haben aber kein Geld für ihre Kost. Nach dem Prinzip, jeden Tag eine gute Tat, laden wir sie zum Essen ein und sie schlagen rein wie Blücher. Dann schickt uns das Navi die verkehrte Strasse weiter und wir landen wieder an dem Ort vom Morgen. Doch wir finden noch einen anderen Einstieg zur 1149, die abenteuerlich direkt auf einem Kamm an der Grenze zu Myanmar lang führt.
Ursula ist auf Grund einiger extrem steiler Passagen mit den Nerven am Ende und sieht etwas bleich aus als sie bei unserer Ankunft in Mae Sai den Helm abstreift. Mae Sai selbst ist eine typische Grenzstadt und hat, bis auf unzählige Verkaufsstände, nichts zu bieten. Wir wohnen direkt am Grenzfluss und beobachten immer wieder wie Leute aus Myanmar nach Thailand waten. Möchte gar nicht wissen, was sie in ihren Plastiktüten so alles rüberschaffen.
Die Fahrt nach Chiang Khong über Chiang Saen ist wieder einmal wunderbar. Irgendwann treffen wir auf den Zusammenfluss des Ruaks mit dem mächtigen Mekong. Tolle Aussichtspunkte laden in regelmässigen Abständen zum Verweilen ein.
Die nächste Station ist Chiang Rai. Ein bisschen wie der kleine Bruder von Chiang Mai ist es hier wieder sehr touristisch. Eine Bar und ein Restaurant am anderen, ein Nachtmarkt mit all dem Plunder den Touristen gern mit nach Hause schleppen. Nichts wie weiter!!
Der Hauptgrund, weswegen wir nach Chiang Rai gekommen sind ist Wat Rong Khun, der weisse Tempel. Ein bisschen wie die Sagrada Familia in Barcelona wird auch hier noch permanent gebaut. Doch die Menschenmassen lassen uns auch hier nur kurz verweilen. Auf nach Nan, eine kleine Provinzstadt im Osten nah der laotischen Grenze. Nan dient uns als Ausgangspunkt für einige Ausritte in die spektakuläre Berglandschaft. Diese Ecke ist für mich die schönste Bikegegend in ganz Thailand. In endlosen Serpentinen schrauben wir uns auf über 1700m. Hinter jeder Kurve warten grandiose Ausblicke. Schöner kann Motorradfahren nicht sein.
Nur Ursula guckt etwas betrübt in Anbetracht ihrer baldigen Abreise. Eigentlich wollte ich von hier Richtung Laos fahren, entscheide mich aber dafür, Ursula bis nach Chiang Mai zu begleiten. Eine kleine Abschiedsfeier muss schon noch sein. Ich werde sie vermissen. Sie war für 4 Wochen und über 3000km eine super Reisepartnerin. Also jetzt auf nach Laos!!